Strafbemessung bei Berauschung
Strafbemeesung bei Berauschung
Eine Berauschung kann die Schuldfähigkeit eines Täters beeinflussen, ohne sie vollständig auszuschließen. In solchen Fällen prüft das Gericht, ob und in welchem Ausmaß der Rauschzustand strafmildernd wirkt. Der Grundgedanke ist, dass eine verminderte Zurechnungsfähigkeit zwar berücksichtigt werden darf, der Täter sich jedoch nicht auf selbstverschuldete Alkoholisierung oder Drogenbeeinflussung berufen kann, um Verantwortung zu vermeiden.
Berauschung kann mildernd wirken, wenn sie die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit tatsächlich mindert, aber nur dann, wenn der Konsum nicht selbst vorwerfbar war.
Grundsatz
Das österreichische Strafrecht behandelt Rauschzustände mit besonderer Zurückhaltung. Wer sich freiwillig in einen Zustand versetzt, in dem er nicht mehr vollständig zurechnungsfähig ist, trägt die Verantwortung für die Folgen. Nur wenn der Genuss oder Gebrauch des berauschenden Mittels den Umständen nach verständlich erscheint, kann dies zu einer Milderung führen.
Das Gericht prüft, ob der Rausch die Schuld wirklich verringert hat oder ob der Täter selbst dafür verantwortlich ist, weil er zum Beispiel absichtlich Alkohol oder Drogen genommen hat, obwohl eine schwierige Situation absehbar war.
Bedeutung
§ 35 StGB regelt die Abgrenzung zwischen eigenverschuldeter und nicht eigenverschuldeter Berauschung. Der Rauschzustand ist nur dann mildernd, wenn er die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder sich entsprechend zu verhalten, tatsächlich herabgesetzt hat und diese Herabsetzung nicht durch den selbstverschuldeten Konsum aufgewogen wird.
Das bedeutet:
- Liegt ein nachvollziehbarer, nicht leichtfertiger Rausch vor, kann das Gericht eine mildere Strafe verhängen.
- Hat sich der Täter dagegen bewusst betrunken oder berauscht, obwohl er wusste, dass er sich in eine gefährliche Situation begibt, wird dieser Umstand als selbstverschuldet angesehen.
Damit bildet § 35 StGB einen engen Ausnahmetatbestand innerhalb der Strafbemessung und verhindert, dass Alkohol oder Drogen pauschal als Entschuldigung herangezogen werden.
Online TerminauswahlGratis Erstgespräch buchenBerücksichtigung in der Praxis
In der Praxis spielt die Beweisfrage eine zentrale Rolle. Das Gericht stützt sich auf medizinische und psychologische Gutachten, um festzustellen, in welchem Ausmaß der Rausch die Einsichtsfähigkeit oder Steuerungsfähigkeit beeinflusst hat. Wichtig ist auch, ob der Konsum gezielt oder situativ erfolgte und ob der Täter die Wirkung vorhersehen konnte.
Eine Strafmilderung kommt etwa dann in Betracht, wenn der Täter durch Medikamente oder unbewusste Mischwirkung in einen Rausch geriet, ohne dies zu beabsichtigen. Keine Milderung erfolgt, wenn der Täter wusste oder hätte wissen müssen, dass der Konsum die Kontrolle über sein Verhalten beeinträchtigt.
Die Entscheidung erfordert stets eine Gesamtbetrachtung: Der Grad der Beeinträchtigung, die Art des berauschenden Mittels, die Umstände des Konsums und die persönliche Verantwortung bestimmen gemeinsam das Strafausmaß.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Eine Alkoholisierung kann nur dann strafmildernd wirken, wenn sie die Schuldfähigkeit tatsächlich beeinträchtigt hat und nicht selbst verschuldet war. Das Gericht bewertet dabei immer den konkreten Einzelfall.“
Zentrale Kriterien für die Bewertung
- Art und Ursache des Rauschs: Alkohol, Drogen oder Medikamente wirken unterschiedlich stark und beeinflussen die Schuldfähigkeit verschieden.
- Freiwilligkeit des Konsums: Je bewusster der Rausch herbeigeführt wurde, desto geringer ist der mildernde Effekt.
- Erkennbarkeit der Gefährdung: Wer voraussehen konnte, dass er in einen gefährlichen Zustand gerät, kann sich nicht auf Milderung berufen.
- Tatsächliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit: Eine bloße Alkoholisierung reicht nicht; entscheidend ist die nachweisliche Beeinträchtigung.
- Gesamtverhalten vor, während und nach der Tat: Reue, Kooperation und Einsicht können ergänzend gewertet werden.
Verhältnis zu den besonderen Milderungsgründen
§ 35 StGB steht in engem Zusammenhang mit § 34 StGB. Während § 34 StGB andere mildernde Umstände wie Reue, Schadenswiedergutmachung oder jugendliche Unerfahrenheit nennt, bezieht sich § 35 StGB auf die besondere Situation einer Berauschung.
Beide können gleichzeitig berücksichtigt werden, wenn sie sich nicht überschneiden. Das bedeutet, eine Alkoholisierung kann zusätzlich mildernd wirken, wenn auch andere entlastende Umstände vorliegen. Entscheidend ist immer die Gesamtsituation und wie stark der Täter tatsächlich beeinträchtigt war sowie welche Verantwortung er für seinen Zustand trägt.
Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung
Ein Strafverfahren ist für Betroffene eine erhebliche Belastung. Schon zu Beginn drohen schwerwiegende Folgen – von Zwangsmaßnahmen wie Hausdurchsuchung oder Festnahme über Eintragungen im Strafregister bis hin zu Freiheits- oder Geldstrafen. Fehler in der ersten Phase, etwa unbedachte Aussagen oder fehlende Beweissicherung, lassen sich später oft nicht mehr korrigieren. Auch wirtschaftliche Risiken wie Schadenersatzansprüche oder Kosten des Verfahrens können massiv ins Gewicht fallen.
Eine spezialisierte Strafverteidigung sorgt dafür, dass Ihre Rechte von Anfang an gewahrt bleiben. Sie gibt Sicherheit im Umgang mit Polizei und Staatsanwaltschaft, schützt vor Selbstbelastung und schafft die Basis für eine klare Verteidigungsstrategie.
Unsere Kanzlei:
- prüft, ob und in welchem Umfang der Tatvorwurf rechtlich tragfähig ist,
- begleitet Sie durch Ermittlungsverfahren und Hauptverhandlung,
- sorgt für rechtssichere Anträge, Stellungnahmen und Verfahrensschritte,
- unterstützt bei der Abwehr oder Regulierung von zivilrechtlichen Ansprüchen,
- wahrt Ihre Rechte und Interessen gegenüber Gericht, Staatsanwaltschaft und Geschädigten.
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Machen Sie keine inhaltlichen Aussagen ohne vorherige Rücksprache mit Ihrer Verteidigung. Sie haben jederzeit das Recht zu schweigen und eine Anwältin oder einen Anwalt beizuziehen. Dieses Recht gilt bereits bei der ersten polizeilichen Kontaktaufnahme. Erst nach Akteneinsicht lässt sich klären, ob und welche Einlassung sinnvoll ist.“