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Widerruf der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe

Der Widerruf der bedingten Strafnachsicht oder der bedingten Entlassung gemäß §53 StGB bedeutet, dass ein ursprünglich ausgesetzter oder nur teilweise vollzogener Strafrest nachträglich wieder vollstreckt wird. Das Gericht ordnet den Widerruf an, wenn sich während der Probezeit zeigt, dass der Verurteilte die in ihn gesetzte Erwartung nicht erfüllt, etwa weil er erneut straffällig geworden ist oder erheblich gegen Weisungen verstößt. Der Widerruf ist eine Maßnahme des gerichtlichen Schutzes der Allgemeinheit und zugleich eine Reaktion auf den Vertrauensbruch gegenüber der gewährten Strafmilderung.

Ein Widerruf führt dazu, dass eine bedingt nachgesehene Strafe oder eine bedingte Entlassung nachträglich vollzogen wird, wenn der Betroffene gegen Auflagen verstößt oder neuerlich eine Straftat begeht.

Widerruf nach § 53 StGB: Voraussetzungen, Verfahren und Folgen bei Verstoß gegen Auflagen oder neuer Straftat während der Probezeit.

Voraussetzungen des Widerrufs

§ 53 StGB nennt zwei Hauptgründe, die den Widerruf rechtfertigen können:

  1. Neue Straftat während der Probezeit
    Wird die betroffene Person wegen einer in der Probezeit begangenen neuen strafbaren Handlung verurteilt, kann das Gericht die bedingte Strafnachsicht oder Entlassung widerrufen, wenn dies erforderlich ist, um sie von weiteren Straftaten abzuhalten.
    Das Gesetz verlangt also keine automatische Rückversetzung in den Strafvollzug,sondern das Gericht muss prüfen, ob der Widerruf wirklich notwendig ist.
  2. Weisungsverstoß oder Entzug von Bewährungshilfe
    Auch die wiederholte oder mutwillige Missachtung gerichtlicher Weisungen oder die beharrliche Verweigerung der Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe kann den Widerruf rechtfertigen. Entscheidend ist wiederum, ob der Widerruf im konkreten Fall geboten erscheint.

Maßstab des Gerichts

Das Gericht hat den Widerruf nur dann auszusprechen, wenn mildere Mittel nicht ausreichen, um den Verurteilten von weiteren Straftaten abzuhalten.
Als gelindere Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht:

Diese Stufenlogik dient der Verhältnismäßigkeit: Der Widerruf ist ultima ratio, kein Automatismus.

Rechtsanwalt Sebastian Riedlmair Sebastian Riedlmair
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Der Widerruf ist kein Strafschärfungsinstrument, sondern ein Mittel zur Sicherung der gerichtlichen Prognose. Er greift nur dann, wenn das ursprünglich gewährte Vertrauen durch neues Fehlverhalten objektiv erschüttert wurde.“
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Besonderheiten bei schweren oder lebenslangen Strafen

Bei lebenslanger Freiheitsstrafe gilt der verbleibende Strafrest nach einem Widerruf als Strafrest einer zehnjährigen Freiheitsstrafe, um eine spätere neuerliche bedingte Entlassung überhaupt zu ermöglichen.
Bei Delikten gegen die sexuelle Integrität oder bei Fällen mit gerichtlicher Aufsicht kann die Probezeit ausnahmsweise mehrfach verlängert werden, wenn eine weitere Erprobung erforderlich ist.

Verfahren und Ablauf

Vor dem Widerruf muss das Gericht:

  1. die Berichte der Bewährungshilfe und eventuelle Polizeimeldungen einholen,
  2. den Verurteilten anhören und Gelegenheit zur Stellungnahme geben,
  3. prüfen, ob eine Verlängerung der Probezeit genügt,
  4. den Widerruf mit einer klaren Begründung versehen, warum er „geboten“ ist.

Erst dann darf die Strafe oder der Strafrest vollzogen werden.
Das Verfahren erfolgt in der Regel schriftlich, kann aber bei komplexen Fällen eine mündliche Verhandlung umfassen.

Widerrufsfrist nach § 56 StGB

Das Gericht kann Widerrufsentscheidungen während der Probezeit treffen. Bei einer in der Probezeit begangenen Straftat ist eine Entscheidung auch innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Probezeit oder nach Beendigung eines bei deren Ablauf anhängigen Strafverfahrens möglich.

Praxisbeispiel

Ein wegen schwerer Körperverletzung bedingt entlassener Täter begeht innerhalb der Probezeit neuerlich eine gefährliche Drohung. Das Gericht stellt fest, dass der Mann zwar berufstätig ist, sich jedoch von seinem Bewährungshelfer abgewandt und keine Einsicht gezeigt hat. Da das Rückfallrisiko als erheblich gilt, wird die bedingte Entlassung widerrufen und der Strafrest vollzogen.

Rechtliche Bewertung und Alternativen

Der Widerruf ist kein Automatismus, sondern ein Ermessensakt des Gerichts, der immer an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden bleibt.
Nur wenn eine Fortführung der Bewährung keine realistische Aussicht auf Stabilisierung mehr bietet, darf das Gericht den Widerruf anordnen.
In allen anderen Fällen ist eine Verlängerung der Probezeit oder die Erteilung neuer Auflagen vorzuziehen.

Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung

Ein Strafverfahren ist für Betroffene eine erhebliche Belastung. Schon zu Beginn drohen schwerwiegende Folgen – von Zwangsmaßnahmen wie Hausdurchsuchung oder Festnahme über Eintragungen im Strafregister bis hin zu Freiheits- oder Geldstrafen. Fehler in der ersten Phase, etwa unbedachte Aussagen oder fehlende Beweissicherung, lassen sich später oft nicht mehr korrigieren. Auch wirtschaftliche Risiken wie Schadenersatzansprüche oder Kosten des Verfahrens können massiv ins Gewicht fallen.

Eine spezialisierte Strafverteidigung sorgt dafür, dass Ihre Rechte von Anfang an gewahrt bleiben. Sie gibt Sicherheit im Umgang mit Polizei und Staatsanwaltschaft, schützt vor Selbstbelastung und schafft die Basis für eine klare Verteidigungsstrategie.

Unsere Kanzlei:

Rechtsanwalt Peter Harlander Peter Harlander
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Machen Sie keine inhaltlichen Aussagen ohne vorherige Rücksprache mit Ihrer Verteidigung. Sie haben jederzeit das Recht zu schweigen und eine Anwältin oder einen Anwalt beizuziehen. Dieses Recht gilt bereits bei der ersten polizeilichen Kontaktaufnahme. Erst nach Akteneinsicht lässt sich klären, ob und welche Einlassung sinnvoll ist.“
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Häufig gestellte Fragen – FAQ

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Zuletzt geändert: 03.11.2025
Autor RA Mag. Peter Harlander
Beruf: Rechtsanwalt, Senior Equity-Partner
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Rechtsanwalt Peter Harlander ist Senior Partner der Harlander & Partner Rechtsanwälte GmbH sowie Mitgründer mehrerer Gesellschaften im legal tech Bereich. Seine Schwerpunkte liegen im Wirtschaftsrecht, Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Designrecht, IT-Recht, E-Commerce-Recht und Datenschutzrecht.

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