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Bedingte Strafnachsicht

Die §§ 46 und 47 des Strafgesetzbuches regeln die Möglichkeit, eine Freiheitsstrafe oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßnahme unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitig zu beenden. Ziel ist es, jenen Verurteilten, bei denen eine positive Zukunftsprognose besteht, den schrittweisen Wiedereintritt in ein straffreies Leben zu ermöglichen. Das Gericht entscheidet dabei, ob die bloße Androhung des weiteren Strafvollzuges genügt, um von neuerlicher Kriminalität abzuhalten. Die Entlassung erfolgt unter Probezeit und kann mit Auflagen oder Bewährungshilfe verbunden werden.

Die bedingte Entlassung erlaubt eine vorzeitige Haftentlassung, wenn eine positive Prognose besteht. § 46 StGB betrifft den Strafvollzug, § 47 StGB den Vollzug vorbeugender Maßnahmen.

Vorzeitige Haftentlassung nach §§ 46 und 47 StGB: Chancen, Voraussetzungen und gerichtliche Prüfung der Bewährung.

Grundsatz

Das österreichische Strafrecht kennt kein starr vollstrecktes Strafsystem, sondern bietet differenzierte Möglichkeiten, den Strafvollzug an die individuelle Entwicklung des Verurteilten anzupassen. Die §§ 46 und 47 StGB stehen dabei im Zentrum der Resozialisierung und der kontrollierten Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Sie ermöglichen, dass Freiheitsstrafen oder vorbeugende Maßnahmen vorzeitig beendet werden können, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und eine positive Zukunftsprognose vorliegt.

Die gerichtliche Entscheidung über eine bedingte Entlassung ist kein Gnadenakt, sondern das Ergebnis einer strengen rechtlichen Prüfung. Sie erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit und dem Resozialisierungsinteresse des Einzelnen. Dabei werden Verhalten, Therapieerfolge, soziale Stabilität und Rückfallrisiko umfassend beurteilt.

Die nachstehenden Abschnitte erläutern die Voraussetzungen, Abläufe und rechtlichen Folgen der bedingten Entlassung sowie die damit verbundenen Kontrollmechanismen. Damit soll deutlich werden, dass § 46 und § 47 StGB nicht die Strafe aufheben, sondern den Vollzug gezielt steuern.

§ 46 StGB Bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe

Grundgedanke und Zielsetzung

§ 46 StGB soll jenen Verurteilten eine Perspektive geben, die bereits einen wesentlichen Teil ihrer Strafe verbüßt haben und erkennen lassen, dass sie künftig gesetzestreu leben. Das Institut verbindet Strafe mit Wiedereingliederung und zeigt, dass der Strafvollzug nicht nur Vergeltung, sondern auch Besserung bewirken soll.

Voraussetzungen für die bedingte Entlassung

Eine bedingte Entlassung kann erfolgen, wenn die Hälfte der verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten Freiheitsstrafe verbüßt ist, mindestens jedoch drei Monate. Das Gericht muss annehmen können, dass der Verurteilte auch ohne weitere Haft keine neuen Straftaten begehen wird. In die Beurteilung fließen das Verhalten im Strafvollzug, die Teilnahme an Behandlungsprogrammen, Schul- oder Arbeitstätigkeiten sowie die familiäre und soziale Situation ein.

Schwere der Tat und Ausnahmen

Bei besonders schweren Delikten darf trotz erfüllter Voraussetzungen keine Entlassung erfolgen, solange der weitere Vollzug aus generalpräventiven Gründen erforderlich ist. Diese Schranke gilt insbesondere bei schweren Gewalt- oder Sexualdelikten, wenn der weitere Strafvollzug notwendig erscheint, um das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsordnung zu wahren.

Sonderbestimmungen bei lebenslanger Freiheitsstrafe

Wer zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wurde, kann frühestens nach fünfzehn Jahren bedingt entlassen werden. Voraussetzung ist eine besonders günstige Rückfallprognose. Das Gericht prüft dabei sowohl die Entwicklung im Strafvollzug als auch die psychische Stabilität und soziale Einbindung.

Mehrfachverurteilungen und Zusatzstrafen

Verbüßt ein Verurteilter mehrere Freiheitsstrafen oder Strafreste, so wird ihre Gesamtdauer zugrunde gelegt. Auch in diesen Fällen entscheidet das Gericht nach einheitlicher Betrachtung. Spätestens nach fünfzehn Jahren muss über eine bedingte Entlassung entschieden werden. Bei Zusatzstrafen wird die bereits verbüßte Zeit entsprechend angerechnet.

Rolle von Behandlung und Bewährungshilfe

Das Gericht berücksichtigt, ob der Verurteilte während des Vollzugs freiwillig an einer Behandlung teilgenommen hat oder in Freiheit bereit ist, diese fortzusetzen. Maßnahmen nach den §§ 50 bis 52 StGB, insbesondere Weisungen und Bewährungshilfe, können angeordnet werden, um das Risiko eines Rückfalls zu minimieren und die soziale Stabilisierung zu fördern.

§ 47 StGB Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme

Besonderheiten vorbeugender Maßnahmen

§ 47 StGB betrifft nicht die Strafhaft, sondern die Entlassung aus Maßnahmen, die der Sicherung und Behandlung dienen. Dazu zählen forensisch-therapeutische Zentren, Anstalten für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und Einrichtungen für gefährliche Rückfallstäter. Auch hier steht die Prognose im Vordergrund: Eine Entlassung ist möglich, wenn die Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet, nicht mehr besteht.

Entlassung aus forensisch-therapeutischen Zentren

Personen, die in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen wurden, können nur bedingt entlassen werden. Es ist stets eine Probezeit festzusetzen. Das Ziel ist, den Übergang in die Freiheit kontrolliert zu gestalten und Rückfälle zu vermeiden.

Entlassung aus Einrichtungen für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher

Bei Suchtkranken kann eine unbedingte Entlassung erfolgen, wenn die Behandlung keinen weiteren Erfolg verspricht oder die gesetzliche Anhaltezeit abgelaufen ist. Andernfalls erfolgt die Entlassung unter Probezeit, um eine stabile Abstinenz und soziale Reintegration sicherzustellen.

Entlassung aus der Anstalt für gefährliche Rückfallstäter

Auch für gefährliche Rückfallstäter ist eine bedingte Entlassung möglich, sobald ihre Überstellung in die Anstalt nicht mehr notwendig ist. Voraussetzung ist, dass die Gefährdung der Allgemeinheit nicht mehr besteht und geeignete Betreuungsmaßnahmen den Schutz der Gesellschaft gewährleisten können.

Gemeinsame Voraussetzungen

Für alle Arten der Entlassung gilt: Das Gericht prüft die Persönlichkeit, die gesundheitliche Entwicklung, das Verhalten während des Vollzugs und die sozialen Aussichten. Entscheidend ist, ob das Risiko erneuter Delinquenz durch Auflagen, Behandlung oder Betreuung hinreichend kontrollierbar ist. Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, wird eine bedingte Entlassung verfügt.

Gerichtliche Kontrolle, Probezeit und Bewährung

Jede bedingte Entlassung steht unter einer Probezeit. Deren Dauer legt das Gericht fest. Während dieser Zeit darf keine neue Straftat begangen und keine Weisung verletzt werden. Wird die Probezeit erfolgreich absolviert, gilt die Strafe endgültig als erledigt. Bei Verstößen kann die Entlassung widerrufen werden, wodurch der Rest der Strafe oder Maßnahme zu verbüßen ist.

Bewährung bedeutet, dass sich der Entlassene gesetzestreu verhält und etwaige Auflagen erfüllt. Dazu gehören etwa regelmäßige Meldepflichten, Therapieauflagen oder Beschäftigungsnachweise. In vielen Fällen wird Bewährungshilfe angeordnet, um die Rückkehr in ein stabiles Leben zu unterstützen und Rückfälle zu vermeiden.

Widerruf und Rechtsfolgen bei Verstößen

Verstöße gegen Auflagen, Weisungen oder neue Straftaten während der Probezeit haben Folgen. Das Gericht prüft nach Maßgabe der §§ 53 bis 56 StGB, ob die bedingte Nachsicht oder die bedingte Entlassung zu widerrufen ist oder ob mildere Reaktionen, wie etwa eine Verlängerung der Probezeit oder zusätzliche Weisungen – ausreichen.

In der Praxis werden Widerrufe nur ausgesprochen, wenn ein klarer Pflichtverstoß oder eine erneute Straftat vorliegt. Das Gericht prüft dabei stets, ob mildere Mittel genügen, bevor es den Vollzug des Strafrests anordnet.

Praktische Bedeutung

Die §§ 46 bis 47 StGB sowie die Widerrufsregelungen in §§ 53 bis 56 StGB bilden ein geschlossenes System, das Strafe, Bewährung und Resozialisierung miteinander verbindet. Sie ermöglichen eine differenzierte Vollzugspraxis, die sowohl auf Sicherheit als auch auf Wiedereingliederung abzielt. Für Betroffene bedeutet das: Wer während des Vollzugs positive Entwicklung zeigt, kann frühzeitig entlassen werden – doch jede Nachsicht steht unter der Bedingung, dass sie sich im Alltag bewähren.

Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung

Ein Strafverfahren ist für Betroffene eine erhebliche Belastung. Schon zu Beginn drohen schwerwiegende Folgen – von Zwangsmaßnahmen wie Hausdurchsuchung oder Festnahme über Eintragungen im Strafregister bis hin zu Freiheits- oder Geldstrafen. Fehler in der ersten Phase, etwa unbedachte Aussagen oder fehlende Beweissicherung, lassen sich später oft nicht mehr korrigieren. Auch wirtschaftliche Risiken wie Schadenersatzansprüche oder Kosten des Verfahrens können massiv ins Gewicht fallen.

Eine spezialisierte Strafverteidigung sorgt dafür, dass Ihre Rechte von Anfang an gewahrt bleiben. Sie gibt Sicherheit im Umgang mit Polizei und Staatsanwaltschaft, schützt vor Selbstbelastung und schafft die Basis für eine klare Verteidigungsstrategie.

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Rechtsanwalt Peter Harlander Peter Harlander
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Machen Sie keine inhaltlichen Aussagen ohne vorherige Rücksprache mit Ihrer Verteidigung. Sie haben jederzeit das Recht zu schweigen und eine Anwältin oder einen Anwalt beizuziehen. Dieses Recht gilt bereits bei der ersten polizeilichen Kontaktaufnahme. Erst nach Akteneinsicht lässt sich klären, ob und welche Einlassung sinnvoll ist.“
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Zuletzt geändert: 03.11.2025
Autor RA Mag. Peter Harlander
Beruf: Rechtsanwalt, Senior Equity-Partner
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Rechtsanwalt Peter Harlander ist Senior Partner der Harlander & Partner Rechtsanwälte GmbH sowie Mitgründer mehrerer Gesellschaften im legal tech Bereich. Seine Schwerpunkte liegen im Wirtschaftsrecht, Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Designrecht, IT-Recht, E-Commerce-Recht und Datenschutzrecht.

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