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Schwere Körperverletzung

Die schwere Körperverletzung zählt zu den qualifizierten Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit und kennzeichnet sich dadurch, dass die eingetretenen Folgen einer Körperverletzung deutlich über das gewöhnliche Maß hinausreichen. Sie liegt immer dann vor, wenn die Tat eine ernsthafte, länger andauernde oder sogar dauerhafte Beeinträchtigung der Gesundheit zur Folge hat. Typischerweise handelt es sich um Verletzungen, die das Leben gefährden, bleibende Schäden hinterlassen oder die Erwerbsfähigkeit über mehrere Wochen hinweg ausschließen. Das Gesetz will damit nicht nur die körperliche Integrität schützen, sondern zugleich die langfristige Gesundheit, Leistungsfähigkeit und persönliche Lebensqualität des Menschen sichern. Maßgeblich ist daher stets, welche tatsächlichen Auswirkungen die Tat im konkreten Fall hat, und nicht allein, wie brutal sie ausgeführt wurde oder welches Mittel der Täter eingesetzt hat.

Eine schwere Körperverletzung liegt vor, wenn eine Tat eine länger andauernde, lebensgefährliche oder dauerhaft schädigende Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht.

Schwere Körperverletzung nach §84 StGB erklärt: Voraussetzungen, Strafen, Beweise und Verteidigung im Strafverfahren Österreich.
Rechtsanwalt Peter Harlander Peter Harlander
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Schwere Körperverletzung bedeutet nicht bloß einen heftigen Angriff, sondern eine tiefgreifende Beeinträchtigung der körperlichen oder psychischen Funktionsfähigkeit – das Gesetz schützt die langfristige Gesundheit des Menschen.“

Objektiver Tatbestand

Der objektive Teil bildet die Außenseite des Geschehens. Es geht um wer, was, womit, welches Ergebnis – und ob die Handlung den schweren Erfolg verursacht und ihm zurechenbar ist.

Prüfungsschritte

Qualifizierende Umstände

Erhöhte Strafdrohung insbesondere bei Konstellationen des Abs 4 (z. B. schwere Folge bei vorsätzlicher Körperverletzung; Strafrahmen bis 5 Jahre).

Abgrenzung zu anderen Delikten

Bei gravierenden Folgen gilt nicht mehr § 83 StGB mit Qualifikation, sondern es greifen die eigenständigen Tatbestände:

Damit stellt § 84 StGB eine eigene Stufe der Eskalation dar, die immer dann relevant wird, wenn der Verletzungserfolg deutlich über die gewöhnliche Beeinträchtigung hinausgeht und eine nachhaltige Schädigung eintritt.

Beweislast & Beweiswürdigung

Typische Belege: ärztliche Befunde, bildgebende Diagnostik (CT, Röntgen, MRT), neutrale Zeug:innen, Videoaufzeichnungen (z. B. CCTV, Bodycam), digitale Metadaten, sachverständige Gutachten zur Schwere der Verletzung.

Rechtsanwalt Sebastian Riedlmair Sebastian Riedlmair
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„In Verfahren nach § 84 StGB entscheidet nicht die Lautstärke des Vorwurfs, sondern die Beweislage: Nur eine sauber dokumentierte medizinische Grundlage trägt eine Verurteilung.“

Praxisbeispiele

Grenzfälle:

Vorübergehender Schmerz oder Rötung ohne nachweisbare Gesundheitsstörung reicht nicht. Eine Notwehrlage schließt die Rechtswidrigkeit aus, wenn die Verteidigung erforderlich und angemessen war.

Subjektiver Tatbestand

Der Vorsatznachweis erfolgt regelmäßig über Indizien: Intensität des Angriffs, Körperregion, Tatmittel, Fortsetzung trotz erkennbarer Gefahr, Verhalten vor und nach der Tat.
Fehlt eine plausible Erklärung, warum der Täter die schwere Folge nicht vorhersehen konnte, wird Eventualvorsatz in der Regel bejaht.

Rechtswidrigkeit & Rechtfertigungen

Beweislast: Die Staatsanwaltschaft muss ohne vernünftige Zweifel zeigen, dass kein Rechtfertigungsgrund greift. Der/die Beschuldigte muss nichts beweisen; konkrete Anknüpfungstatsachen genügen, um Zweifel zu begründen (in dubio pro reo).

Schuld & Irrtümer

Strafaufhebung & Diversion

Rücktritt vom Versuch: Rechtzeitige freiwillige Aufgabe oder Erfolgsabwendung führt zu keiner Bestrafung wegen Versuchs. Maßgeblich dafür ist Freiwilligkeit, Stadium (beendeter/unbeendeter Versuch) und die Eignung der Gegenmaßnahmen.

Diversion: Verfahrenseinstellung ohne Schuldspruch bei nicht schwerer Schuld, geklärtem Sachverhalt und geeigneten Maßnahmen (Geldbetrag, gemeinnützige Leistungen, Probezeit/Bewährungshilfe, Tatausgleich). Kein Strafregistereintrag.

Strafzumessung & Folgen

Leitmaßstab: Schwere der Schuld, Ausmaß der Schädigung/Gefährdung, Pflichtverletzungen, Planungsgrad, Rücksichtslosigkeit, Spezial-/Generalprävention. Erschwerung: Mehrfachtaten, einschlägige Vorstrafen, besondere Rücksichtslosigkeit, Tat vor Kindern unter anderem Milderung: Unbescholtenheit, Geständnis, Schadensgutmachung, Mitverantwortung des Opfers, lange Verfahrensdauer, stabile Lebensführung.

Geldstrafe – Tagessatzsystem

Freiheitsstrafe & (teil)bedingte Nachsicht

§ 37 StGB: Wenn die gesetzliche Strafdrohung bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reicht, soll das Gericht anstelle einer kurzen Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr eine Geldstrafe verhängen. Diese Bestimmung ist besonders relevant für den Grundfall des § 83 StGB, da sie eine Freiheitsstrafe regelmäßig vermeidet, sofern weder spezial- noch generalpräventive Gründe entgegenstehen.

§ 43 StGB: Eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe kann ausgesprochen werden, wenn die verhängte Strafe zwei Jahre nicht übersteigt und dem Verurteilten eine günstige Sozialprognose bescheinigt werden kann. Die Probezeit beträgt ein bis drei Jahre. Wird sie ohne Widerruf absolviert, gilt die Strafe als endgültig nachgesehen.

§ 43a StGB: Die teilbedingte Nachsicht erlaubt eine Kombination aus unbedingtem und bedingtem Strafteil. Bei Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten bis zu zwei Jahren kann ein Teil bedingt nachgesehen oder durch eine Geldstrafe bis zu siebenhundertzwanzig Tagessätzen ersetzt werden, wenn dies nach den Umständen angemessen erscheint.

§§ 50 bis 52 StGB: Das Gericht kann zusätzlich Weisungen erteilen und Bewährungshilfe anordnen. Typische Weisungen betreffen Schadensgutmachung, Therapie, Kontakt- oder Aufenthaltsverbote sowie Maßnahmen zur sozialen Stabilisierung. Ziel ist die Vermeidung weiterer Straftaten und die Förderung einer dauerhaften Legalbewährung.

Zuständigkeit der Gerichte

Sachlich: In Grundfällen (§ 84 Abs. 1 StGB) ist das Landesgericht zuständig, da der Strafrahmen über zwei Jahre hinausgeht.
Örtlich: Gericht des Tatorts oder des Erfolgsorts; bei unklarem Tatort alternativ Wohnsitz, Aufenthaltsort oder Betretungsort.
Instanzen: Berufung an das Oberlandesgericht, Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof.

Zivilansprüche im Strafverfahren

Das Opfer kann sich anschließen (Schmerzengeld, Heilbehandlung, Verdienstentgang, Sachschaden). Der Anschluss unterbricht die zivilrechtliche Verjährung wie eine Klage – aber nur gegenüber dem Beschuldigten und nur im beantragten Umfang. Zuschlag ganz/teilweise möglich; sonst Verweisung auf den Zivilrechtsweg. Strategie: früh strukturierte Schadensgutmachung erhöht Chancen für Diversion und milde Zumessung.

Strafverfahren im Überblick

Beschuldigtenrechte

Praxis & Verhaltenstipps

  1. Schweigen wahren.
    Eine kurze Erklärung genügt: „Ich mache von meinem Recht zu schweigen Gebrauch und spreche zuerst mit meiner Verteidigung.“ Dieses Recht gilt bereits ab der ersten Einvernahme durch Polizei oder Staatsanwaltschaft.
  2. Unverzüglich Verteidigung kontaktieren.
    Ohne Einsicht in die Ermittlungsakten sollte keine Aussage erfolgen. Erst nach Akteneinsicht kann die Verteidigung einschätzen, welche Strategie und welche Beweissicherung sinnvoll sind.
  3. Beweise umgehend sichern.
    Ärztliche Befunde, Fotos mit Datumsangabe und Maßstab, gegebenenfalls Röntgen- oder CT-Aufnahmen anfertigen. Kleidung, Gegenstände und digitale Aufzeichnungen getrennt aufbewahren. Zeugenliste und Gedächtnisprotokolle spätestens binnen zwei Tagen erstellen.
  4. Keinen Kontakt zur Gegenseite aufnehmen.
    Eigene Nachrichten, Anrufe oder Posts können als Beweismittel gegen Sie verwendet werden. Sämtliche Kommunikation soll ausschließlich über die Verteidigung erfolgen.
  5. Video- und Datenaufzeichnungen rechtzeitig sichern.
    Überwachungsvideos in öffentlichen Verkehrsmitteln, Lokalen oder von Hausverwaltungen werden häufig nach wenigen Tagen automatisch gelöscht. Anträge auf Datensicherung müssen daher sofort an Betreiber, Polizei oder Staatsanwaltschaft gestellt werden.
  6. Durchsuchungen und Sicherstellungen dokumentieren.
    Bei Hausdurchsuchungen oder Sicherstellungen sollten Sie eine Ausfertigung der Anordnung oder Niederschrift verlangen. Notieren Sie Datum, Uhrzeit, beteiligte Personen und alle mitgenommenen Gegenstände.
  7. Bei Festnahme: keine Aussagen zur Sache.
    Bestehen Sie auf sofortige Verständigung Ihrer Verteidigung. Untersuchungshaft darf nur bei dringendem Tatverdacht und zusätzlichem Haftgrund verhängt werden. Gelindere Mittel (z. B. Gelöbnis, Meldepflicht, Kontaktverbot) sind vorrangig.
  8. Schadensgutmachung gezielt vorbereiten.
    Zahlungen oder Wiedergutmachungsangebote sollen ausschließlich über die Verteidigung abgewickelt und belegt werden. Eine strukturierte Schadensgutmachung wirkt sich positiv auf Diversion und Strafbemessung aus.

Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung

Ein Verfahren wegen schwerer Körperverletzung kann weitreichende Folgen haben – von Freiheitsstrafen bis zu hohen Schadenersatzforderungen. Frühzeitige anwaltliche Vertretung sichert Ihre Rechte, schützt vor Fehleinschätzungen bei der medizinischen Bewertung und sorgt für eine strategisch fundierte Verteidigung.

Unsere Kanzlei:

Rechtsanwalt Peter Harlander Peter Harlander
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Machen Sie keine inhaltlichen Aussagen ohne vorherige Rücksprache mit Ihrer Verteidigung. Sie haben jederzeit das Recht zu schweigen und eine Anwältin oder einen Anwalt beizuziehen. Dieses Recht gilt bereits bei der ersten polizeilichen Kontaktaufnahme. Erst nach Akteneinsicht lässt sich klären, ob und welche Einlassung sinnvoll ist.“
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Häufig gestellte Fragen – FAQ

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Zuletzt geändert: 05.11.2025
Autor RA Mag. Peter Harlander
Beruf: Rechtsanwalt, Senior Equity-Partner
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Rechtsanwalt Peter Harlander ist Senior Partner der Harlander & Partner Rechtsanwälte GmbH sowie Mitgründer mehrerer Gesellschaften im legal tech Bereich. Seine Schwerpunkte liegen im Wirtschaftsrecht, Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Designrecht, IT-Recht, E-Commerce-Recht und Datenschutzrecht.

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