Irrtümliche Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes
Irrtümliche Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes
§ 8 StGB behandelt Fälle, in denen jemand irrtümlich davon ausgeht, in einer rechtfertigenden Situation zum Beispiel einer Notwehrlage zu handeln. Objektiv liegt eine solche Situation aber nicht vor. Wer sich also verteidigt, obwohl gar kein Angriff stattfindet, handelt nicht vorsätzlich strafbar. Eine Bestrafung kommt nur dann in Betracht, wenn der Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht und die Tat auch in fahrlässiger Form strafbar ist.
Putativnotwehr bedeutet: Man glaubt an eine Notwehrsituation, obwohl objektiv keine besteht.
Irrtümliche Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes
Das Strafrecht unterscheidet streng zwischen vorsätzlichem Handeln und Handlungen in vermeintlicher Rechtfertigung. Wer glaubt, gerechtfertigt zu handeln, obwohl objektiv keine solche Lage besteht, soll nicht wie ein Täter behandelt werden, der bewusst gegen das Gesetz verstößt.
Grundsatz
§ 8 StGB stellt klar: Eine vorsätzliche Bestrafung entfällt, wenn jemand aufgrund eines Irrtums glaubt, eine rechtfertigende Situation liege vor. Strafbarkeit kommt nur in Betracht, wenn der Irrtum auf Fahrlässigkeit zurückzuführen ist und Fahrlässigkeit in diesem Delikt ausdrücklich mit Strafe bedroht ist.
Putativnotwehr und Putativnotstand
- Putativnotwehr: Die Person glaubt, angegriffen zu werden, und wehrt sich. Später stellt sich heraus, dass es keinen Angriff gab.
- Putativnotstand: Jemand glaubt, eine Gefahr abwenden zu müssen, obwohl objektiv keine Gefahr vorliegt.
In beiden Fällen liegt keine vorsätzliche Strafbarkeit vor. Entscheidend ist jedoch, ob der Irrtum entschuldbar war.
Online TerminauswahlGratis Erstgespräch buchenAbgrenzungen
Damit § 8 StGB nicht überdehnt wird, grenzt die Rechtsprechung klar ab:
- Tatbestandsirrtum: Wer sich über ein Tatbestandsmerkmal irrt (z. B. denkt, es sei seine Sache), fällt nicht darunter
- Rechtsirrtum: Wer die Rechtslage falsch einschätzt („ich dachte, das ist erlaubt“), fällt ebenfalls nicht unter den Paragraphen
- Überzogene Abwehrhandlungen: Auch in einer vermeintlichen Lage darf die Reaktion nicht völlig unverhältnismäßig sein.
Praktische Bedeutung
In vielen Strafverfahren spielt § 8 StGB eine wichtige Rolle, wenn Menschen in Stress- oder Gefahrensituationen falsch reagieren. Typisch sind Situationen, in denen sich jemand bedroht fühlt und deshalb eine Abwehrhandlung setzt. Ob dies strafbar ist, hängt von mehreren Faktoren ab:
- War der Irrtum aus Sicht eines besonnenen Menschen nachvollziehbar?
- Blieb die Abwehrhandlung im Rahmen der angenommenen Gefahr?
- War der Irrtum vermeidbar, und wenn ja: Ist das Delikt auch bei Fahrlässigkeit strafbar?
Rechtliche Einordnung und Beispiele
Die Gerichte prüfen stets, ob die angenommene Gefahr auch für einen objektiven Beobachter erkennbar gewesen wäre. Maßstab ist nicht die rein subjektive Angst, sondern ein verständiger Dritter in derselben Lage.
Beispiele:
- Nächtliche Annäherung: Eine Person schlägt zu, weil sie eine Annäherung im Dunkeln für einen Angriff hält. Später stellt sich heraus, dass keine Gefahr bestand.
- Missverständnis im Alltag: Jemand hält eine hektische Bewegung für einen Angriff und reagiert mit einer Abwehrhandlung.
- Übertriebene Reaktion: Eine Abwehr, die weit über das Notwendige hinausgeht, fällt nicht mehr unter § 8 StGB und kann zu Fahrlässigkeitsstrafbarkeit führen.
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