Raufhandel
- Raufhandel
- Objektiver Tatbestand
- Abgrenzung zu anderen Delikten
- Beweislast & Beweiswürdigung
- Praxisbeispiele
- Subjektiver Tatbestand
- Schuld & Irrtümer
- Strafaufhebung & Diversion
- Strafzumessung & Folgen
- Strafrahmen
- Geldstrafe – Tagessatzsystem
- Freiheitsstrafe & (teil)bedingte Nachsicht
- Zuständigkeit der Gerichte
- Zivilansprüche im Strafverfahren
- Strafverfahren im Überblick
- Beschuldigtenrechte
- Praxis & Verhaltenstipps
- Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung
- FAQ – Häufig gestellte Fragen
Raufhandel
Der Raufhandel gemäß § 91 StGB ist eine körperliche Auseinandersetzung mit gegenseitigen Tätlichkeiten, an der mindestens drei Personen beteiligt sind. Strafbar ist die Beteiligung, sobald eine Verletzung oder der Tod eines Beteiligten eintritt und nicht ausgeschlossen werden kann, dass der eigene Beitrag mitgewirkt hat. Es geht nicht um den fairen Zweikampf oder bloßes Dabeistehen, sondern um unübersichtliche Gruppengewalt, bei der Verursachungsanteile oft schwer aufklärbar sind. Ziel des Strafrechts ist der Schutz der körperlichen Integrität und die Sanktionierung eskalationsfördernden Verhaltens.
Raufhandel ist eine gegenseitige Schlägerei zwischen mindestens drei Personen mit Verletzungs- oder Todesfolge.
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Entscheidend sind Beteiligtenzahl, tätliche Handlung und die konkrete Verletzungsfolge.“
Objektiver Tatbestand
Der objektive Teil bildet die Außenseite des Geschehens. Es geht um wer, was, womit, welches Ergebnis – und ob die Handlung den Erfolg verursacht und ihm zurechenbar ist.
Prüfungsschritte
- Tatobjekt: Jede andere lebende Person, die an der Auseinandersetzung beteiligt ist.
- Tathandlung: Wechselseitige körperliche Einwirkung,wie etwa Schlagen, Stoßen, Treten oder Drücken – zwischen mindestens drei aktiv Beteiligten. Bloßes Zusehen oder Anfeuern genügt nicht.
- Taterfolg: Verletzung oder Tod eines Beteiligten infolge der Auseinandersetzung. Auch leichte, ärztlich feststellbare Verletzungen reichen aus.
- Kausalität: Der eigene Beitrag muss nicht ausgeschlossen werden können als Ursache für die Verletzung oder den Tod.
- Objektive Zurechnung: Der Erfolg muss aus dem Risiko des Raufhandels stammen. Wer sich an einer unübersichtlichen Schlägerei beteiligt, trägt die Mitverantwortung für die Folgen.
Qualifizierende Umstände
Beim Raufhandel erhöhen bestimmte Begleitumstände die rechtliche Bedeutung der Tat. Es geht nicht um das bloße Mitwirken an einer Auseinandersetzung, sondern um die Schwere der Folgen und die Art des Zusammenwirkens.
Schlägerei mit schweren Folgen
Liegt eine gegenseitige körperliche Auseinandersetzung zwischen mindestens drei Personen vor und kommt es dabei zu einer schweren Körperverletzung oder gar zum Tod eines Beteiligten, wird die Teilnahme rechtlich besonders gewichtet. Strafbar ist schon die Mitwirkung am Geschehen, auch wenn nicht feststeht, wer den Schaden konkret verursacht hat.
Angriff mehrerer Personen
Neben dem klassischen Raufhandel erfasst das Gesetz auch den Fall, dass mehrere Personen gemeinsam angreifen. Es genügt, dass sich jemand aktiv und tätlich an diesem Angriff beteiligt. Entscheidend ist, dass die Handlung nicht defensiv oder schlichtend, sondern aggressiv und unterstützend wirkt. Ein gemeinsamer Angriff mehrerer kann auch ohne typische Schlägerei vorliegen – etwa, wenn mehrere Beteiligte gezielt auf eine einzelne Person losgehen.
Schlägereien und Angriffe im Sicherheitsbereich
Besondere Bedeutung hat § 91 Abs. 2a StGB bei Sportgroßveranstaltungen. Wer sich in einem Sicherheitsbereich,wie etwa in oder rund um ein Stadion, an einer tätlichen Auseinandersetzung oder einem Angriff mehrerer beteiligt, macht sich schon durch die Teilnahme strafbar. Damit soll Gewalttätigkeit im Umfeld von Sportereignissen konsequent eingedämmt werden.
Ausschluss der Strafbarkeit bei fehlendem Vorwurf
Nicht strafbar ist, wer unfreiwillig in eine Schlägerei hineingezogen wird oder sich nur zur eigenen Abwehr körperlich wehrt, ohne die Gewalt zu fördern. In solchen Fällen liegt keine tatbestandsmäßige Teilnahme vor. Maßgeblich ist, ob dem Beteiligten persönlich ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Raufhandel ist keine gezielte Körperverletzung, sondern die strafbare Teilnahme an kollektiver Gewalt.“
Abgrenzung zu anderen Delikten
- § 83 StGB – Körperverletzung: Vorsätzliche Verletzung einer anderen Person. Erfordert eine gezielte oder zumindest billigend in Kauf genommene Schädigung.
- § 84 StGB – Schwere Körperverletzung: Führt die Tat zu einer länger andauernden Gesundheitsschädigung oder zu erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen, liegt eine Qualifikation zur einfachen Körperverletzung vor.
- § 85 StGB – Absichtliche schwere Körperverletzung: Die schwere Folge wird mit Vorsatz herbeigeführt; der Täter will die gravierende Verletzung.
- § 86 StGB – Körperverletzung mit tödlichem Ausgang: Der Täter verletzt vorsätzlich, der Tod tritt aber unbeabsichtigt als Folge ein.
- § 88 StGB – Fahrlässige Körperverletzung: Eine Sorgfaltsverletzung ohne Vorsatz. Der Täter hätte die Gefahr erkennen und vermeiden können, hat sie aber unbeachtet gelassen.
- § 91 StGB – Raufhandel: Keine gezielte Körperverletzung, sondern Teilnahme an einer unübersichtlichen Schlägerei mit mindestens drei aktiv Beteiligten. Strafbar ist bereits das Mitwirken, wenn eine Verletzung oder ein Todesfall eintritt und der eigene Beitrag nicht ausgeschlossen werden kann.
Wichtige Abgrenzung:
Der Raufhandel unterscheidet sich von der Körperverletzung dadurch, dass nicht eine konkrete Handlung gegen eine bestimmte Person, sondern das Mitwirken an einer gemeinsamen Gewalthandlung bestraft wird. Wer nicht gezielt angreift, sondern sich an einer Gruppenschlägerei beteiligt, macht sich auch dann strafbar, wenn unklar bleibt, wer den Schaden verursacht hat. Entscheidend ist die Beteiligung an der kollektiven Gewalt und nicht die individuelle Verletzungshandlung.
Beweislast & Beweiswürdigung
- Staatsanwaltschaft: trägt die Überzeugungslast für Handlung,Beteiligtenzahl, Erfolg, Kausalität, Zurechnung und ggf. Qualifikationsmerkmale.
- Gericht: ordnet und würdigt alle Beweise; ungeeignete oder rechtswidrig erlangte Beweise sind nicht verwertbar.
- Beschuldigte:r: keine Beweislast; darf Alternativabläufe, Lücken und Verwertungsverbote aufzeigen.
Typische Belege: medizinische Befunde/Bilder, neutrale Zeugen, Video/CCTV/Bodycam, Spurenbilder, digitale Daten (Zeit/Ort/Metadaten), sachverständige Rekonstruktionen.
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Typische Fälle zeigen das Muster, kleine Details entscheiden oft über Schuld oder Freispruch.“
Praxisbeispiele
- Schlägerei in einer Bar: Nach einem Streit geraten mehrere Gäste aneinander. Mindestens drei Personen schlagen gleichzeitig zu, eine Person wird verletzt. Es liegt ein Raufhandel vor, da mehrere aktiv beteiligt sind.
- Auseinandersetzung im Stadion: Rivalisierende Fans geraten im Sicherheitsbereich in eine tätliche Auseinandersetzung. Schon die bloße Teilnahme erfüllt den Tatbestand des § 91 Abs. 2a StGB.
- Gruppenangriff auf offener Straße: Mehrere Jugendliche attackieren gemeinsam eine Person. Der konkrete Verursacher der Verletzung bleibt unklar, dennoch haften alle Beteiligten gemeinschaftlich.
- Rangelei bei einem Dorffest: Nach Alkoholkonsum eskaliert ein Wortgefecht zu einer unkontrollierten Schlägerei. Da mehrere Personen aktiv eingreifen und eine Verletzung eintritt, liegt ein Raufhandel vor.
- Scheinbare Verteidigung: Eine Person behauptet, sich nur gewehrt zu haben, schlägt jedoch selbst zu. In diesem Fall handelt es sich nicht um Notwehr, sondern um eine tätliche Beteiligung.
Subjektiver Tatbestand
Der subjektive Tatbestand des Raufhandel erfordert, dass der Täter vorsätzlich oder zumindest bewusst tätlich an der Auseinandersetzung teilnimmt. Es genügt, wenn die Person weiß, dass es sich um eine körperliche Schlägerei mit mehreren Beteiligten handelt, und sich dennoch darauf einlässt oder aktiv mitwirkt.
Eine Absicht, jemanden zu verletzen, ist nicht erforderlich; entscheidend ist die bewusste Beteiligung an der Gewalthandlung. Wer also erkennt, dass eine Situation außer Kontrolle gerät, und trotzdem weiter zuschlägt, stößt oder tritt, handelt subjektiv tatbestandsmäßig.
Nimmt jemand dagegen nur reflexartig oder zur bloßen Verteidigung teil, ohne die Gewalt zu fördern, fehlt der innere Tatvorsatz. Ebenso scheidet eine strafbare Teilnahme aus, wenn sich die Person nicht freiwillig beteiligt oder überhaupt keine Kontrolle über ihr Verhalten hat – etwa bei unvorhersehbarem Gedränge.
Maßgeblich ist, ob der Täter die Eskalation als möglich erkennt und trotzdem aktiv handelt, also die Gefahr bewusst in Kauf nimmt.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Es braucht keine Verletzungsabsicht, die bewusste Teilnahme an der Schlägerei reicht aus.“
Schuld & Irrtümer
- Verbotsirrtum: Entschuldigt nur, wenn der Irrtum unvermeidbar war. Jeder ist verpflichtet, sich über die Rechtslage kundig zu machen.
- Schuldprinzip: Strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt; Fahrlässigkeit setzt Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Erfolgs voraus.
- Zurechnungsunfähigkeit: Keine Schuld bei schwerer seelischer Störung oder krankhafter Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit. Bestehen Anhaltspunkte, ist ein forensisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen.
- Entschuldigender Notstand: Gilt bei Unzumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens in einer extremen Zwangslage,wie etwa wenn Hilfeleistung oder Rettung das eigene Leben ernstlich gefährden würde.
- Putativnotwehr: Ein Irrtum über das Vorliegen einer Rechtfertigung schließt den Vorsatz aus, lässt aber die Fahrlässigkeit unberührt, wenn der Sorgfaltsverstoß bestehen bleibt. Auch hier gilt: Wer erkennbar riskant handelt, kann sich nicht auf vermeintliche Rechtfertigungen berufen.
Strafaufhebung & Diversion
Rücktritt vom Versuch
Ein Rücktritt ist beim Raufhandel grundsätzlich nicht möglich, da die Tat bereits mit der tätlichen Teilnahme vollendet ist. Wer sich jedoch rechtzeitig und eindeutig aus der Auseinandersetzung zurückzieht, keine weiteren Handlungen setzt und das Geschehen nicht mehr fördert, kann straflos bleiben, wenn ihm die spätere Eskalation nicht mehr zugerechnet werden kann. Entscheidend sind Freiwilligkeit, Zeitpunkt und die erkennbare Distanzierung vom weiteren Tatverlauf.
Diversion
Eine Diversion kommt in Betracht, wenn die Schuld gering, der Sachverhalt geklärt und der Beschuldigte einsichtig ist. Möglich sind Geldleistungen, gemeinnützige Arbeit, Bewährungshilfe oder ein Tatausgleich. Wird das Verfahren diversionell erledigt, erfolgt kein Schuldspruch und kein Eintrag ins Strafregister.
Eine Diversion scheidet aus, wenn der Raufhandel erhebliche Verletzungen, bewusste Eskalation oder eine Gefährdung Dritter umfasst. In anderen Fällen kann sie bei Geständnis, Einsicht und Wiedergutmachung eine angemessene Lösung ohne Gerichtsverurteilung sein.
Online TerminauswahlGratis Erstgespräch buchenStrafzumessung & Folgen
Die Höhe der Strafe beim Raufhandel richtet sich nach dem Ausmaß der Beteiligung, der Schwere der Folgen und dem persönlichen Verschulden. Entscheidend ist, ob das Verhalten bewusst aggressiv, leichtfertig oder nur aus momentaner Unbeherrschtheit erfolgte und welche Verletzungsfolgen eingetreten sind. Maßgeblich ist auch, ob der Beschuldigte eine Eskalation hätte vermeiden können oder sie billigend in Kauf genommen hat.
Erschwerungsgründe bestehen insbesondere, wenn
- die Beteiligung unter Alkohol- oder Drogeneinfluss erfolgte,
- der Täter eine laufende Auseinandersetzung bewusst fortsetzte,
- bereits frühere Gewalthandlungen oder Verwarnungen vorlagen,
- eine aggressive oder provozierende Grundhaltung erkennbar war.
Milderungsgründe sind etwa
- Unbescholtenheit,
- ein Geständnis oder Zeichen der Reue,
- eine nachweisliche Schadensgutmachung,
- eine Mitverantwortung des Opfers.
Auch eine außergewöhnliche psychische Belastung oder eine überlange Dauer des Verfahrens kann mildernd berücksichtigt werden.
Das österreichische Strafrecht sieht bei Geldstrafen das Tagessatzsystem vor. Die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Schuldschwere, der einzelne Tagessatz nach den Einkommensverhältnissen. So wird gewährleistet, dass die Geldstrafe für alle Betroffenen vergleichbar spürbar ist. Wird sie nicht bezahlt, kann eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden.
Eine Freiheitsstrafe kann ganz oder teilweise bedingt nachgesehen werden, wenn sie zwei Jahre nicht übersteigt und eine positive Sozialprognose vorliegt. Der Verurteilte bleibt dann auf freiem Fuß, muss sich jedoch während einer Probezeit von ein bis drei Jahren bewähren. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Strafe bei Einhaltung aller Auflagen als endgültig nachgesehen.
Das Gericht kann außerdem Weisungen erteilen, etwa zur Schadensgutmachung, zur Teilnahme an einem Anti-Gewalt-Training oder an einer Therapie. Zusätzlich kann eine Bewährungshilfe angeordnet werden. Diese Maßnahmen dienen der Vermeidung weiterer Gewalthandlungen und fördern eine dauerhafte Stabilisierung des sozialen Umfelds.
Strafrahmen
Bei Raufhandel und Angriff mehrerer Personen hängt die Strafe davon ab, welche Folge die Auseinandersetzung hatte und unter welchen Umständen sie stattfand. Bereits die tätliche Teilnahme genügt, um strafbar zu sein, auch wenn unklar bleibt, wer den eigentlichen Schlag geführt hat.
Bei einem Raufhandel, der eine Körperverletzung verursacht, beträgt die Strafe Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen.
Führt der Raufhandel zu einer schweren Körperverletzung, droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen.
Kommt es im Zuge der Auseinandersetzung zum Tod eines Menschen, erhöht sich die Strafe auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.
Besonders schwer wird die Teilnahme an einer Schlägerei oder einem Angriff in einem Sicherheitsbereich bei Sportgroßveranstaltungen gewertet. Schon die tätliche Beteiligung genügt, um mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen bestraft zu werden, auch wenn niemand verletzt wird.
Damit berücksichtigt § 91 StGB sowohl die Gefährlichkeit kollektiver Gewalt als auch die Schwere der Folgen. Die Strafen bleiben zwar unterhalb jener für vorsätzliche Körperverletzungen, erfassen aber die besondere Gefahr, die von unkontrollierten Massenschlägereien oder Gruppenangriffen ausgeht.
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Kurze Freiheitsstrafen werden oft ersetzt oder nachgesehen, Bewährung braucht Prognose und Auflagen.“
Geldstrafe – Tagessatzsystem
- Spanne: bis 720 Tagessätze (Zahl der Tagessätze = Schuldmaß; Betrag/Tag = Leistungsfähigkeit; min. € 4,00 , max. € 5.000,00).
- Praxisformel: 6 Monate Freiheitsstrafe ≈ 360 Tagessätze (Orientierung, nicht Schema).
- Uneinbringlichkeit: Ersatzfreiheitsstrafe (in der Regel gilt: 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe = 2 Tagessätze).
Freiheitsstrafe & (teil)bedingte Nachsicht
§ 37 StGB: Wenn die gesetzliche Strafdrohung bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reicht, soll das Gericht anstelle einer kurzen Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr eine Geldstrafe verhängen. Diese Bestimmung ist besonders relevant für den Grundfall des § 83 StGB, da sie eine Freiheitsstrafe regelmäßig vermeidet, sofern weder spezial- noch generalpräventive Gründe entgegenstehen.
§ 43 StGB: Eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe kann ausgesprochen werden, wenn die verhängte Strafe zwei Jahre nicht übersteigt und dem Verurteilten eine günstige Sozialprognose bescheinigt werden kann. Die Probezeit beträgt ein bis drei Jahre. Wird sie ohne Widerruf absolviert, gilt die Strafe als endgültig nachgesehen.
§ 43a StGB: Die teilbedingte Nachsicht erlaubt eine Kombination aus unbedingtem und bedingtem Strafteil. Bei Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten bis zu zwei Jahren kann ein Teil bedingt nachgesehen oder durch eine Geldstrafe bis zu siebenhundertzwanzig Tagessätzen ersetzt werden, wenn dies nach den Umständen angemessen erscheint.
§§ 50 bis 52 StGB: Das Gericht kann zusätzlich Weisungen erteilen und Bewährungshilfe anordnen. Typische Weisungen betreffen Schadensgutmachung, Therapie, Kontakt- oder Aufenthaltsverbote sowie Maßnahmen zur sozialen Stabilisierung. Ziel ist die Vermeidung weiterer Straftaten und die Förderung einer dauerhaften Legalbewährung.
Zuständigkeit der Gerichte
Sachliche Zuständigkeit
Fälle des Raufhandels fallen je nach Schwere der Tat unter unterschiedliche Gerichtszuständigkeiten. Beim Grundtatbestand mit einer einfachen Körperverletzung entscheidet das Bezirksgericht durch Einzelrichter. Kommt es zu einer schweren Körperverletzung oder Todesfolge, ist das Landesgericht zuständig, ebenfalls mit Einzelrichter. Ein Schöffen- oder Geschworenengericht ist nicht vorgesehen, da der Strafrahmen höchstens zwei Jahre Freiheitsstrafe beträgt.
Örtliche Zuständigkeit
Zuständig ist in der Regel das Gericht des Tatorts, also jenes, in dessen Gebiet die Schlägerei stattgefunden hat. Bei einer Verletzungs- oder Todesfolge kann auch das Gericht des Ortes, an dem die Folgen eingetreten sind, zuständig sein. Lässt sich der Tatort nicht eindeutig feststellen, richtet sich die Zuständigkeit nach dem Wohnsitz des Beschuldigten, dem Ort der Festnahme oder dem Sitz der Staatsanwaltschaft. Das Verfahren wird dort geführt, wo es am zweckmäßigsten erscheint.
Instanzenzug
Gegen Urteile des Bezirksgerichts ist die Berufung an das Landesgericht zulässig. Entscheidungen des Landesgerichts können mit Berufung oder Nichtigkeitsbeschwerde beim Oberlandesgericht oder beim Obersten Gerichtshof angefochten werden.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Vom Verdacht bis zum Urteil gilt Ordnung, Rechte nutzen, Fristen halten, Beweise sichern.“
Zivilansprüche im Strafverfahren
Bei einem Raufhandel können verletzte Personen oder Hinterbliebene zivilrechtliche Ansprüche direkt im Strafverfahren geltend machen. Dazu zählen etwa Arzt- und Behandlungskosten, Schmerzengeld, Verdienstentgang oder bei Todesfolgen auch Begräbniskosten, Unterhaltsausfall und seelisches Leid.
Durch den Privatbeteiligtenanschluss wird die Verjährung dieser Ansprüche für die Dauer des Strafverfahrens gehemmt. Erst wenn das Strafverfahren beendet ist, läuft die Frist wieder weiter, soweit der Anspruch nicht vollständig zugesprochen wurde.
Eine freiwillige Schadensgutmachung oder eine Einigung mit dem Verletzten oder den Angehörigen kann sich mildernd auf das Strafausmaß auswirken, wenn sie rechtzeitig, ehrlich und nachvollziehbar erfolgt. Wird jedoch ein besonders aggressives oder gemeinschaftlich gefährliches Verhalten festgestellt, verliert dieser Umstand in der Regel seine strafmildernde Wirkung.
Online TerminauswahlGratis Erstgespräch buchenStrafverfahren im Überblick
- Ermittlungsbeginn: Beschuldigtenstellung bei konkretem Verdacht; ab dann volle Beschuldigtenrechte.
- Polizei/Staatsanwaltschaft: Staatsanwaltschaft leitet, Kriminalpolizei ermittelt; Ziel: Einstellung, Diversion oder Anklage.
- Beschuldigtenvernehmung: Belehrung vorab; Verteidigerbeiziehung führt zur Aufschiebung; Schweigerecht bleibt.
- Akteneinsicht: bei Polizei/Staatsanwaltschaft/Gericht; umfasst auch Beweisgegenstände (soweit Ermittlungszweck nicht gefährdet).
- Hauptverhandlung: mündliche Beweisaufnahme, Urteil; Entscheidung über Privatbeteiligtenansprüche.
Beschuldigtenrechte
- Information & Verteidigung: Recht auf Verständigung, Verfahrenshilfe, freie Verteidigerwahl, Übersetzungshilfe, Beweisanträge.
- Schweigen & Anwalt: Schweigerecht jederzeit; bei Verteidigerbeiziehung ist die Vernehmung aufzuschieben.
- Belehrungspflicht: zeitnahe Information über Verdacht/Rechte; Ausnahmen nur zur Sicherung des Ermittlungszwecks.
- Akteneinsicht praktisch: Ermittlungs- und Hauptverfahrensakten; Einsicht Dritter begrenzt zugunsten des Beschuldigten.
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Ruhe bewahren, nichts posten, Beweise sichern, erst sprechen, wenn die Akten bekannt sind.“
Praxis & Verhaltenstipps
- Schweigen wahren.
Eine kurze Erklärung genügt: „Ich mache von meinem Recht zu schweigen Gebrauch und spreche zuerst mit meiner Verteidigung.“ Dieses Recht gilt bereits ab der ersten Einvernahme durch Polizei oder Staatsanwaltschaft. - Unverzüglich Verteidigung kontaktieren.
Ohne Einsicht in die Ermittlungsakten sollte keine Aussage erfolgen. Erst nach Akteneinsicht kann die Verteidigung einschätzen, welche Strategie und welche Beweissicherung sinnvoll sind. - Beweise umgehend sichern.
Ärztliche Befunde, Fotos mit Datumsangabe und Maßstab, gegebenenfalls Röntgen- oder CT-Aufnahmen anfertigen. Kleidung, Gegenstände und digitale Aufzeichnungen getrennt aufbewahren. Zeugenliste und Gedächtnisprotokolle spätestens binnen zwei Tagen erstellen. - Keinen Kontakt zur Gegenseite aufnehmen.
Eigene Nachrichten, Anrufe oder Posts können als Beweismittel gegen Sie verwendet werden. Sämtliche Kommunikation soll ausschließlich über die Verteidigung erfolgen. - Video- und Datenaufzeichnungen rechtzeitig sichern.
Überwachungsvideos in öffentlichen Verkehrsmitteln, Lokalen oder von Hausverwaltungen werden häufig nach wenigen Tagen automatisch gelöscht. Anträge auf Datensicherung müssen daher sofort an Betreiber, Polizei oder Staatsanwaltschaft gestellt werden. - Durchsuchungen und Sicherstellungen dokumentieren.
Bei Hausdurchsuchungen oder Sicherstellungen sollten Sie eine Ausfertigung der Anordnung oder Niederschrift verlangen. Notieren Sie Datum, Uhrzeit, beteiligte Personen und alle mitgenommenen Gegenstände. - Bei Festnahme: keine Aussagen zur Sache.
Bestehen Sie auf sofortige Verständigung Ihrer Verteidigung. Untersuchungshaft darf nur bei dringendem Tatverdacht und zusätzlichem Haftgrund verhängt werden. Gelindere Mittel (z. B. Gelöbnis, Meldepflicht, Kontaktverbot) sind vorrangig. - Schadensgutmachung gezielt vorbereiten.
Zahlungen oder Wiedergutmachungsangebote sollen ausschließlich über die Verteidigung abgewickelt und belegt werden. Eine strukturierte Schadensgutmachung wirkt sich positiv auf Diversion und Strafbemessung aus.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Objektive Befunde, neutrale Zeugen und gesicherte Videodaten tragen das Verfahren – nicht Vermutungen oder Erklärchats.“
Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung
Ein Verfahren wegen Raufhandel zählt zu den ernsteren Fällen im Bereich der Körperverletzungsdelikte. Oft beginnen solche Situationen spontan, etwa durch Provokationen oder Gruppendynamik. Was als kurze Auseinandersetzung gedacht war, kann schnell eskalieren und schwerwiegende rechtliche Folgen haben. Schon die bloße Teilnahme an einer Schlägerei kann zu einer Verurteilung führen, selbst wenn man keinen Schlag ausgeführt hat.
Die rechtliche Bewertung hängt stark davon ab, wie aktiv jemand beteiligt war, welche Folgen entstanden sind und ob ein Rückzug möglich gewesen wäre. Bereits kleine Unterschiede in Zeugenaussagen, Videoaufnahmen oder medizinischen Befunden können entscheidend sein.
Eine frühzeitige anwaltliche Vertretung ist daher unerlässlich. Sie hilft, den tatsächlichen Ablauf zu rekonstruieren, Beweise rechtzeitig zu sichern und unzutreffende Darstellungen richtigzustellen. Gerade bei Gruppenauseinandersetzungen droht leicht eine falsche Zuweisung von Verantwortung, wenn die Situation unübersichtlich war.
Unsere Kanzlei
- prüft, ob tatsächlich eine strafbare Beteiligung vorliegt oder ob Sie lediglich in die Situation hineingezogen wurden,
- analysiert Polizeiberichte, Videoaufnahmen und Zeugenaussagen auf Widersprüche,
- begleitet Sie während des gesamten Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens,
- entwickelt eine Verteidigungsstrategie, die Ihre Rolle im Geschehen realistisch und nachvollziehbar darstellt,
- und vertritt Ihre Rechte entschlossen gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht.
Eine erfahrene Strafverteidigung sorgt dafür, dass spontane Reaktionen, Abwehrhandlungen oder Verwechslungen nicht vorschnell als Beteiligung am Raufhandel gewertet werden. Sie stellt sicher, dass Ihre Sichtweise Gehör findet und das Verfahren rechtlich fair und sachlich ausgewogen geführt wird. So erhalten Sie eine Verteidigung mit klarer Struktur und persönlicher Strategie, die Ihre Interessen umfassend wahrt und auf ein gerechtes Ergebnis hinwirkt.
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Machen Sie keine inhaltlichen Aussagen ohne vorherige Rücksprache mit Ihrer Verteidigung. Sie haben jederzeit das Recht zu schweigen und eine Anwältin oder einen Anwalt beizuziehen. Dieses Recht gilt bereits bei der ersten polizeilichen Kontaktaufnahme. Erst nach Akteneinsicht lässt sich klären, ob und welche Einlassung sinnvoll ist.“