Zusammentreffen strafbarer Handlungen
Zusammentreffen strafbarer Handlungen
Wenn eine Person durch mehrere Handlungen oder mit einer einzigen Handlung mehrere Delikte begeht, spricht man von Konkurrenz. § 28 StGB legt fest, wie das Gericht die Strafen in einem solchen Fall bemisst. Ziel ist, eine gerechte Gesamtstrafe zu finden: keine doppelte Bestrafung, aber auch kein Nachlassen der Verantwortung. Das schwerste Delikt bestimmt den Strafrahmen, alle übrigen wirken erschwerend.
§ 28 StGB regelt, was passiert, wenn jemand mehrere Straftaten begangen hat. Statt jede Tat einzeln zu bestrafen, fasst das Gericht alle zu einer Gesamtstrafe zusammen. Entscheidend ist das Gesetz mit der höchsten Strafdrohung.
Grundsatz
Das Strafrecht verlangt, dass die Strafe der gesamten Schuld entspricht. § 28 StGB verhindert, dass bei mehreren Taten jede einzeln bestraft wird. Statt vieler Einzelsanktionen bildet das Gericht eine Gesamtstrafe. Sie berücksichtigt alle Delikte, ohne die Höchststrafe des schwersten Gesetzes zu überschreiten. Damit bleibt das System ausgewogen und vermeidet Überbestrafung.
Arten der Konkurrenz
Das Strafgesetz unterscheidet zwei Hauptformen: Idealkonkurrenz und Realkonkurrenz. Beide beschreiben das Zusammentreffen mehrerer Straftaten, unterscheiden sich aber im Ablauf der Handlungen.
Idealkonkurrenz
Bei Idealkonkurrenz begeht der Täter durch eine einzige Handlung mehrere strafbare Handlungen gleichzeitig. Es handelt sich also um einen einheitlichen Tatvorgang mit mehreren Gesetzesverstößen.
Man unterscheidet:
- Ungleichartige Idealkonkurrenz: Eine Handlung erfüllt verschiedene Tatbestände.
Beispiel: Ein Täter schlägt eine Person, um sie auszurauben. Er begeht gleichzeitig Raub und Körperverletzung . - Gleichartige Idealkonkurrenz: Eine Handlung betrifft mehrere Opfer oder Rechtsgüter derselben Art.
Beispiel: Ein Täter bedroht in einem Zug mehrere Personen mit einer Waffe, um sie auszurauben. Er verwirklicht gegenüber jedem Opfer den Tatbestand des Raubes in echter gleichartiger Idealkonkurrenz.
Bei höchstpersönlichen Rechtsgütern wie Leben, körperlicher Unversehrtheit, Freiheit oder sexueller Integrität wird jedes Opfer einzeln betrachtet.
Wenn es hingegen nur um materielle Rechtsgüter geht, etwa Vermögen, liegt kein mehrfaches Delikt vor. Die Schadensbeträge werden nach § 29 StGB zusammengezählt, das Gericht spricht aber nur ein einziges Urteil wegen z. B. Einbruchsdiebstahls aus.
Realkonkurrenz
Realkonkurrenz liegt vor, wenn der Täter mehrere selbständige Handlungen begeht, also mehrere Straftaten zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Jede Tat erfüllt einen eigenen Tatbestand und steht mit den anderen im Verhältnis echter Konkurrenz.
Beispiel:
Eine Person begeht an drei verschiedenen Tagen drei Einbruchsdiebstähle. Diese Taten bilden echte Realkonkurrenz. Das Gericht verurteilt nicht dreimal, sondern bildet eine Gesamtstrafe, die alle Delikte berücksichtigt.
Realkonkurrenz kann sowohl gleichartig (mehrere gleiche Delikte, z. B. wiederholte Betrugsfälle) als auch ungleichartig (verschiedene Delikte, z. B. zuerst Betrug, danach Körperverletzung) sein.
Das Gericht entscheidet, ob diese Taten gemeinsam verhandelt werden. Wenn alle in einem Verfahren abgeurteilt werden, gilt § 28 StGB. Wenn mehrere Urteile nacheinander rechtskräftig werden, greift § 31 StGB.
Strafzumessung
§ 28 StGB folgt dem Absorptionsprinzip:
Es wird eine einzige Strafe gebildet, und zwar nach dem Gesetz, das die höchste Strafandrohung vorsieht.
Die übrigen Delikte werden bei der Strafbemessung berücksichtigt, ohne dass mehrere Einzelstrafen einfach addiert werden. Die zusätzliche Schuld erhöht das Strafausmaß innerhalb des zulässigen Rahmens.
Einheitliche Strafart
Wenn alle Delikte nur eine Strafart vorsehen (z. B. ausschließlich Geldstrafen oder Freiheitsstrafen), spricht das Gericht eine Gesamtstrafe derselben Art aus.
Unterschiedliche Strafarten
Wenn bei den Delikten unterschiedliche Strafarten vorgesehen sind, gilt Folgendes:
- Sind Freiheits- und Geldstrafe beide zwingend vorgeschrieben, muss das Gericht beide verhängen.
- Ist nur eine von beiden zwingend, kann das Gericht entscheiden, ob es zusätzlich eine zweite Strafe ausspricht.
- Wird eine Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt, darf nur eine Gesamtgeldstrafe ausgesprochen werden.
Verhältnis zu vorbeugenden Maßnahmen
Neben der Strafe kann das Gericht auch vorbeugende Maßnahmen anordnen,wie etwa eine Unterbringung oder Therapie, wenn eine der Taten dies rechtfertigt. Diese Maßnahmen dienen der Sicherung der Allgemeinheit und werden zusätzlich zur Strafe angeordnet.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Bei mehreren Straftaten entscheidet das Gericht nicht über jede einzeln, sondern bildet eine Gesamtstrafe. Sie soll das gesamte Unrecht angemessen widerspiegeln.“
Besondere Konstellationen
- Mehrere Opfer: Begeht der Täter mit einer Handlung mehrere Delikte gegenüber verschiedenen Personen, liegt echte gleichartige Idealkonkurrenz vor.
- Mehrere Tatzeiten: Werden mehrere Delikte zeitlich getrennt begangen, liegt Realkonkurrenz vor.
- Kombination unterschiedlicher Deliktsarten: Wenn z. B. Körperverletzung und Sachbeschädigung zusammentreffen, wählt das Gericht das Delikt mit der höchsten Strafandrohung als Grundlage.
- Mehrere Vermögensdelikte: Treffen gleichartige Vermögensdelikte zusammen, etwa mehrere Diebstähle innerhalb einer Handlung, werden die Schadensbeträge kumuliert.
Praxisbeispiele
Beispiel 1:
Ein Täter begeht drei Einbruchsdiebstähle in derselben Nacht. Das Gericht bildet eine Gesamtfreiheitsstrafe, die alle Taten umfasst, orientiert sich aber an der höchsten Strafdrohung für Einbruchsdiebstahl.
Beispiel 2:
Eine Person verletzt beim Ausrauben eines Opfers dieses schwer. Sie begeht Raub und Körperverletzung. Beide Delikte werden gemeinsam abgeurteilt, die Strafe richtet sich nach dem höheren Strafrahmen des Raubes.
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