Inhaltsverzeichnis
Der Unterlassungsanspruch ist für ein Vorgehen gegen unlautere Handlungen der in der Praxis wichtigste Anspruch – warum?
- Er bedient das Bedürfnis nach einer schnellen Lösung
- Er hat eine für den Anspruchsinhaber günstige Beweislastregelung
- Er ist verschuldensunabhängig
Wann besteht ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch auf Unterlassung?
Der lauterkeitsrechtliche Unterlassungsanspruch hat grundsätzlich zwei Voraussetzungen:
- Unterlassungspflicht des Anspruchsgegners
- Gefahr der Zuwiderhandlung gegen diese Pflicht
Für die Begründung eines Unterlassungsanspruchs müssen beide Elemente vorliegen.
Was bedeutet das im Einzelnen?
Unterlassungspflicht
Eine Unterlassungspflicht kann sich infolge einer Gefährdung oder Verletzung von absoluten Rechten, aus rechtsgeschäftlichen Beziehungen oder speziellen Verhaltensnormen, wie sie die lauterkeitsrechtlichen Regelungen des UWG darstellen, ergeben.
Wird also durch einen Unternehmer gegen einen Tatbestand des Wettbewerbsrechts verstoßen -zum Beispiel in dem er einen Mitbewerber wettbewerbswidrig behindert oder sich irreführender Geschäftspraktiken bedient – oder ist ein solcher Verstoß zu befürchten, ist er dazu verpflichtet, dieses Verhalten zu unterlassen.
Gefahr der Zuwiderhandlung
Der Unterlassungsanspruch setzt die Gefahr eines drohenden künftigen Eingriffs in die Rechtsgüter eines anderen voraus.
Abhängig davon, ob es bereits zu einem wettbewerbsrechtlichen Verstoß gekommen ist, unterscheidet man in diesem Zusammenhang zwischen …
- … einem vorbeugenden Unterlassungsanspruch
Wurde noch nicht gegen Wettbewerbsrecht verstoßen, kann trotzdem ein vorbeugender Unterlassungsanspruch bestehen, soweit hinreichende Hinweise für das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr existieren.
Es muss zu befürchten sein, dass ein Eingriff in die Rechtsgüter des beanstandenden Unternehmers durch den potenziellen Anspruchsgegner in naher Zukunft eintreten wird.
Da der Unternehmer sich hier nicht gegen einen bereits erfolgten Eingriff wehrt, sondern verhindern möchte, dass es überhaupt dazu kommt, muss es für die Entstehung eines vorbeugenden Anspruchs konkrete Anhaltspunkte dafür geben, dass eine Rechtsverletzung auch unmittelbar bevorsteht.
Das Verhalten des potenziellen Anspruchsgegners ist hierbei maßgeblich.
Anhaltspunkte für eine Erstbegehungsgefahr können beispielsweise Vorbereitungshandlungen, Werbeankündigungen oder Behauptungen, Inhaber eines Rechts zu sein, darstellen.
Die bloße Anmeldung einer Marke reicht hierfür noch nicht aus, da diese allein noch keine Aussage über das letztendliche, lauterkeitsrechtlich relevante Handeln des Inhabers trifft.
Harlander & Partner Rechtsanwälte "Vor Gericht muss der Unterlassungskläger das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr beweisen!"
- … und einem echten Unterlassungsanspruch
Ist es bereits zu einem wettbewerbsrechtlichen Eingriff gekommen, spricht man von einem echten Unterlassungsanspruch, welcher das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr voraussetzt.
Es muss also die Besorgnis bestehen, dass der Mitbewerber wiederholt in die lauterkeitsrechtlich geschützten Rechtsgüter des Anspruchstellers eingreift.
Maßgeblich für die Annahme einer Wiederholungsgefahr sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Für die Annahme einer ernstlichen Besorgnis müssen Indizien künftiger Störungen vorliegen.
Die Art des vorherigen Eingriffs und die Willensrichtung des lauterkeitswidrig Handelnden, welche sich durch sein Verhalten in seiner Gesamtheit zeigt, bilden wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung.
Insbesondere sein Handeln nach der Rüge des Eingriffs und während einer unter Umständen bereits laufenden Gerichtsverhandlung anlässlich dieses Eingriffs können Aufschluss darüber geben, ob eine künftige Rechtsverletzung zu befürchten ist.
Das Angebot eines Unterlassungsvergleichs oder aber eine Schadenswiedergutmachung vor der Verhandlung können beispielsweise Hinweise auf einen Wegfall oder Fehlen einer Wiederholungsgefahr geben.
Eine vehemente Verteidigung des bereits erfolgten Eingriffs in der Verhandlung durch den Anspruchsgegner auf der anderen Seite, ist Anhaltspunkt dafür, dass es zu weiteren lauterkeitsrechtsrechtlichen Störungen seinerseits kommen könnte.
Harlander & Partner Rechtsanwälte "Im Gegensatz zur Rechtslage bei der vorbeugenden Unterlassungsklage, wird das Bestehen einer Wiederholungsgefahr durch die bereits eingetretene Zuwiderhandlung vermutet."
Das heißt, nicht der Kläger muss ihr Vorliegen vor Gericht beweisen, sondern es wird angenommen, dass eine Wiederholungsgefahr vorliegt, bis der Beklagte beweist, dass eine solche Gefahr nicht (mehr) besteht.
Die Wiederholungsgefahr kann auch später wegfallen – zum Beispiel aufgrund einer Änderung von Umständen oder weil der Beklagte nun doch mit einer Unterlassung einverstanden ist. Dies kann Auswirkungen auf die Kostentragung der Parteien haben.
Fällt die Wiederholungsgefahr erst während der Verhandlung weg, hat der Beklagte aufgrund des Prinzips der Vermutung einer Wiederholungsgefahr die Kosten des Prozesses zu tragen, es sei denn, er kann beweisen, dass eine Wiederholungsgefahr schon vor Beginn der Verhandlung nicht vorlag.
Fällt die Gefahr der erneuten Zuwiderhandlung schon vor der Klageerhebung weg, sind die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch von vornherein nicht gegeben und der Kläger muss die Kosten tragen.
Anhaltspunkte für das Wegfallen vor dem Prozess sind beispielsweise eine Schadenswidergutmachung, das Angebot eines Vergleichs oder aber die Beseitigung des gerügten Zustandes.
Selbstverständlich kann der lauterkeitsrechtliche Verstoß des Mitbewerbers auch auf einem Irrtum beruhen. Beseitigt er die schädigenden Umstände, fällt die Gefahr der Zuwiderhandlung und somit die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch weg.
Eine vorherige Abmahnung des Verletzers ist grundsätzlich nicht notwendig, sie kann aber wiederum ein wichtiges Indiz für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr sein, wenn er das schädigende Verhalten trotz der Abmahnung weiterführt.
Zeitpunkt
Die Gefahr der Zuwiderhandlung (Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr) muss spätestens zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz gegeben sein.
Aktivlegitimation – Wer darf klagen?
Einen Unterlassungsanspruch hat infolge des lauterkeitsrechtlichen Verstoße zunächst jeder, der unmittelbar konkret von ihm betroffen ist.
Darüber hinaus können in bestimmten Fällen auch folgende Personen den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend machen:
- Nicht unmittelbar betroffene Mitbewerber
Bestimmte Verstöße können potenziell einen nachteiligen Einfluss auf alle Mitbewerber des Verletzers haben.
In solchen Fällen können auch Mitbewerber, die nicht unmittelbar durch den Verstoß betroffen wurden, den Unterlassungsanspruch geltend machen, auch wenn nur eine bloß abstrakte Gefahr besteht, dass ihre lauterkeitsrechtlich geschützten Rechte verletzt werden könnten.
Mitbewerber ist jeder Unternehmer, der Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr einbringt.
Die hier vorausgesetzte Unternehmereigenschaft ist im weiteren Sinne zu verstehen. Anspruchsberechtigt ist jeder, der eine selbständig betriebene Tätigkeit verfolgt, die auf Erwerb gerichtet ist oder zumindest wirtschaftlichen Zwecken dient.
- Verbände
Außerdem können Vereinigungen zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmen (zum Beispiel die Rechtsanwaltskammer) Klage erheben.
Weiters sind die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, die Wirtschaftskammer Österreich, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, der österreichische Gewerkschaftsbund und die Bundeswettbewerbsbehörde zur Rechtsdurchsetzung berechtigt.
- Verbraucher
Eine Klagebefugnis von einzelnen Verbrauchern ist grundsätzlich nicht vorgesehen.
Die Rechtslage bei einer unmittelbaren Betroffenheit des Verbrauchers ist noch umstritten.
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ist eingeschränkt klagslegitimiert, wenn verbraucherschützende Tatbestände berührt sind.
Passivlegitimation – unmittelbarer Täter / mittelbarer Täter
Anspruchsgegner können sein
- In erster Linie der unmittelbare Täter, von dem der Verstoß ausgeht
- Mittäter, Anstifter und Gehilfen – Auch jeder der den Verstoß ermöglicht oder gefördert hat
- Unternehmensinhaber sind für die in ihrem Betrieb arbeitenden Personen verantwortlich
Verjährung
Der Unterlassungsanspruch verjährt nach sechs Monaten ab Kenntnis.
Wichtige Punkte
- Der Unterlassungsanspruch ist der in der Praxis der wichtigste, weil er eine schnelle Lösung verspricht, eine für den Anspruchsinhaber günstige Beweislastregelung hat und verschuldensunabhängig ist
- Er setzt eine Unterlassungspflicht des Anspruchsgegners aufgrund eines wettbewerbsrechtlichen Tatbestandes und die Gefahr der Zuwiderhandlung gegen diese Pflicht voraus
- Je nachdem, ob bereits ein lauterkeitsrechtlicher Verstoß vorliegt, unterscheidet man zwischen einem vorbeugendem und einem echten Unterlassungsanspruch
- Der vorbeugende Unterlassungsanspruch setzt eine Erstbegehungsgefahr voraus, bei der die konkrete Besorgnis für einen künftigen Verstoß in naher Zukunft vorliegen muss. Vor Gericht muss dies der Kläger beweisen.
- Beim echten Unterlassungsanspruch muss eine Wiederholungsgefahr bezüglich einer erneuten Zuwiderhandlung bestehen. Ihr Vorliegen wird vermutet, demnach als gegeben angesehen, bis der Beklagte den Gegenbeweis erbringt. Dies stellt für den Kläger einen großen Vorteil dar.
- Die Gefahr der Zuwiderhandlung (Erstbegehungsgefahr bzw. Wiederholungsgefahr) muss zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz bestehen.
- Den Anspruch können in erster Linie Mitbewerber und Verbände geltend machen.
- Mögliche Anspruchsgegner sind der unmittelbare, aber auch der mittelbare Täter sowie Unternehmensinhaber.
- Der Unterlassungsanspruch kann sechs Monate ab Kenntnis geltend gemacht werden.