Veruntreuung
- Veruntreuung
- Objektiver Tatbestand
- Abgrenzung zu anderen Delikten
- Beweislast & Beweiswürdigung
- Praxisbeispiele
- Subjektiver Tatbestand
- Schuld & Irrtümer
- Strafaufhebung & Diversion
- Strafzumessung & Folgen
- Strafrahmen
- Geldstrafe – Tagessatzsystem
- Freiheitsstrafe & (teil)bedingte Nachsicht
- Zuständigkeit der Gerichte
- Zivilansprüche im Strafverfahren
- Strafverfahren im Überblick
- Beschuldigtenrechte
- Praxis & Verhaltenstipps
- Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung
- FAQ – Häufig gestellte Fragen
Veruntreuung
Veruntreuung liegt gemäß § 133 StGB vor, wenn jemand ein Gut, das ihm bewusst anvertraut wurde, für sich selbst oder für eine andere Person verwendet, obwohl er es nur verwahren oder im Interesse eines anderen nutzen durfte. Das Gut befindet sich dabei bereits rechtmäßig in seinem Besitz, etwa weil es übergeben oder zur Betreuung anvertraut wurde. Strafbar ist nicht das Wegnehmen, sondern der Vertrauensbruch, weil das Gut entgegen der vereinbarten Zweckbestimmung dem eigenen Vermögen oder dem eines Dritten zugeführt wird. Der Gesetzgeber bewertet dieses Verhalten als besonders schwerwiegend, da gezielt ein bestehendes Vertrauensverhältnis ausgenutzt wird.
Eine Veruntreuung bedeutet, dass ein anvertrautes Gut absichtlich für sich oder für einen Dritten verwendet wird und dadurch das entgegengebrachte Vertrauen missbraucht wird.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Veruntreuung beginnt nicht mit dem Zugriff auf fremdes Vermögen, sondern mit dem Missbrauch eines Vertrauens, das bewusst eingeräumt wurde.“
Objektiver Tatbestand
Der objektive Tatbestand des § 133 StGB beschreibt die äußeren Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit eine Veruntreuung gegeben ist. Es geht dabei darum, was tatsächlich mit dem Gut passiert ist, nicht darum, was der Täter gedacht oder gewollt hat. Maßgeblich ist, dass ein Gut anvertraut wurde und dieses Gut pflichtwidrig verwendet oder behalten wird.
Zentral ist, dass sich das Gut bereits rechtmäßig in der Verfügungsmacht des Täters befindet. Der Berechtigte hat dem Täter das Gut bewusst überlassen, etwa zur Verwahrung, Verwaltung oder zur Verwendung für einen bestimmten Zweck. Der objektive Tatbestand ist erfüllt, wenn der Täter dieses Gut entgegen der vereinbarten oder erwarteten Zweckbestimmung für sich selbst oder für einen Dritten verwendet und dadurch nach außen erkennbar dem fremden Vermögen entzieht.
§ 133 StGB schützt damit fremdes Vermögen vor dem Missbrauch von Vertrauen. Entscheidend ist der tatsächliche Umgang mit dem anvertrauten Gut, der zeigt, dass das Vertrauen des Berechtigten verletzt wurde.
Qualifizierende Umstände
Eine qualifizierte Veruntreuung liegt vor, wenn der Wert des veruntreuten Gutes bestimmte Wertgrenzen überschreitet. Übersteigt der Wert des Gutes 5.000 Euro, erhöht sich der Strafrahmen erheblich. Bei einem Wert von mehr als 300.000 Euro liegt eine besonders schwere Form der Veruntreuung vor, die mit einer langjährigen Freiheitsstrafe bedroht ist.
Die Wertqualifikation knüpft ausschließlich an den objektiven Vermögensschaden an. Entscheidend ist der objektive Wert des Gutes im Zeitpunkt der Zueignung, nicht ein späterer Erlös oder ein individueller Nutzen des Täters.
Prüfungsschritte
Tatsubjekt:
Tatsubjekt kann jede strafrechtlich verantwortliche Person sein, der ein Gut anvertraut wurde und die dieses Gut pflichtwidrig zueignet. Persönliche Eigenschaften des Täters sind für den Tatbestand grundsätzlich unerheblich.
Tatobjekt:
Tatobjekt ist jedes anvertraute Gut mit Vermögenswert. Darunter fallen körperliche Sachen, Geldbeträge sowie sonstige wirtschaftlich bewertbare Güter. Entscheidend ist, dass das Gut dem Täter nicht zur freien Verfügung, sondern nur zu einem bestimmten Zweck überlassen wurde.
Tathandlung:
Die Tathandlung besteht in der Zueignung des anvertrauten Gutes. Diese liegt vor, wenn der Täter das Gut wie ein eigener Berechtigter behandelt, etwa durch Verbrauch, Weitergabe, Verkauf oder sonstige endgültige Entziehung vom Vermögen des Berechtigten. Eine formelle Eigentumsübertragung ist nicht erforderlich.
Taterfolg:
Der Taterfolg liegt darin, dass das Gut dem Vermögen des Berechtigten entzogen und dem Täter oder einem Dritten wirtschaftlich zugeordnet wird. Bereits die endgültige Zweckentfremdung genügt, auch wenn das Gut später nicht weiterverwendet wird.
Kausalität:
Der Vermögensnachteil muss auf die Zueignungshandlung des Täters zurückzuführen sein. Ohne das pflichtwidrige Verhalten wäre es nicht zum Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht gekommen.
Objektive Zurechnung:
Der Erfolg ist objektiv zurechenbar, wenn sich genau das Risiko verwirklicht, das § 133 StGB verhindern soll, nämlich dass ein anvertrautes Gut unter Verletzung eines bestehenden Vertrauensverhältnisses dem Vermögen des Berechtigten entzogen wird.
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Entscheidend ist nicht, wie ein anvertrautes Gut verwendet werden sollte, sondern wie es tatsächlich verwendet wurde und ob dadurch die Vermögenszuordnung nach außen verändert wurde.“
Abgrenzung zu anderen Delikten
Der Tatbestand der Veruntreuung gemäß § 133 StGB erfasst Fälle, in denen ein Gut bereits rechtmäßig in der Verfügungsmacht des Täters steht und dieser dieses Gut pflichtwidrig für sich oder einen Dritten verwendet. Entscheidend ist der Missbrauch eines bestehenden Vertrauensverhältnisses, nicht die Art und Weise, wie der Täter in den Besitz des Gutes gelangt ist. Der Schwerpunkt liegt auf der zweckwidrigen Verwendung eines anvertrauten Gutes und der dadurch nach außen erkennbaren Veränderung der Vermögenszuordnung.
- § 127 StGB – Diebstahl: Beim Diebstahl steht die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache im Vordergrund. Der Täter hat zu Beginn keine rechtmäßige Verfügungsmacht, sondern entzieht dem Berechtigten die tatsächliche Kontrolle über die Sache. Bei der Veruntreuung fehlt diese Wegnahme, da das Gut dem Täter bereits freiwillig überlassen wurde. Die Abgrenzung richtet sich daher danach, ob der Täter das Gut erst an sich bringt oder ob er ein bereits anvertrautes Gut missbraucht.
- § 146 StGB – Betrug: Der Betrug setzt eine Täuschung voraus, durch die der Getäuschte selbst eine Vermögensverfügung vornimmt. Bei der Veruntreuung hingegen erfolgt die Vermögensschädigung ohne Täuschung, allein durch die pflichtwidrige Verwendung eines anvertrauten Gutes. Maßgeblich ist, dass das Vertrauen bereits besteht und nicht erst durch Täuschung erzeugt wird.
- § 153 StGB – Untreue: Die Untreue betrifft Fälle, in denen jemand seine rechtliche Befugnis missbraucht, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten. Bei der Veruntreuung geht es demgegenüber um konkret anvertraute Güter, nicht um eine umfassende Vermögensbetreuung. Die Abgrenzung erfolgt danach, ob der Täter eine allgemeine Vermögensverantwortung verletzt oder ein einzelnes anvertrautes Gut zweckwidrig verwendet.
Konkurrenzen:
Echte Konkurrenz:
Echte Konkurrenz liegt vor, wenn zur Veruntreuung weitere selbstständige Delikte hinzutreten, etwa Betrug, Urkundenfälschung oder Untreuehandlungen gegenüber verschiedenen Vermögensberechtigten. Der Unrechtsgehalt der Veruntreuung bleibt eigenständig, weil neben dem Vertrauensbruch weitere Rechtsgüter verletzt werden. Die Delikte stehen dann nebeneinander.
Unechte Konkurrenz:
Eine unechte Konkurrenz kommt in Betracht, wenn ein anderer Tatbestand den gesamten Unrechtsgehalt der Veruntreuung bereits vollständig erfasst. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn eine speziellere Vermögensstraftat den Vertrauensmissbrauch vollständig mitumfasst. In diesen Fällen tritt die Veruntreuung zurück, weil kein zusätzlicher Unrechtskern verbleibt.
Tatmehrheit:
Tatmehrheit liegt vor, wenn mehrere Veruntreuungshandlungen selbstständig begangen werden, etwa bei zeitlich getrennten Zueignungen oder bei unterschiedlichen anvertrauten Gütern. Jede pflichtwidrige Zueignung bildet eine eigene Tat, sofern kein enger Zusammenhang besteht.
Fortgesetzte Handlung:
Eine fortgesetzte Handlung kann angenommen werden, wenn mehrere Zueignungen in engem zeitlichen Zusammenhang stehen und von einem einheitlichen Tatentschluss getragen sind, etwa bei wiederholtem Zugriff auf anvertrautes Vermögen im Rahmen desselben Plans. Die Tat endet, sobald keine weiteren Zueignungen erfolgen oder der Täter seinen Vorsatz aufgibt.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Die strafrechtliche Einordnung hängt nicht vom Etikett des Rechtsverhältnisses ab, sondern davon, ob ein konkretes anvertrautes Gut zweckwidrig dem fremden Vermögen entzogen wurde.“
Beweislast & Beweiswürdigung
Staatsanwaltschaft:
Die Staatsanwaltschaft muss nachweisen, dass eine Veruntreuung vorliegt, also dass ein Gut anvertraut war und pflichtwidrig zugeeignet wurde. Entscheidend ist nicht eine Wegnahme, sondern dass das Gut bereits rechtmäßig beim Beschuldigten war und entgegen dem vereinbarten Zweck verwendet wurde. Zusätzlich ist bei höheren Beträgen der Wert des Gutes festzustellen, da davon die Strafdrohung abhängt.
Nachzuweisen ist insbesondere, dass
- ein anvertrautes Gut vorlag, etwa durch Übergabe, Verwahrung oder Verwaltung
- der Beschuldigte tatsächliche Verfügungsmacht über dieses Gut hatte
- das Gut zweckwidrig für sich oder einen Dritten verwendet wurde
- dadurch eine Vermögensverschiebung nach außen eingetreten ist
- kein Einverständnis oder keine Berechtigung für diese Verwendung bestand
- der Wert des Gutes die maßgeblichen Wertgrenzen überschreitet, sofern relevant
Zur Beweisführung dienen etwa Verträge, Abrechnungen, Buchhaltungsunterlagen, Kontoauszüge, Zeugenaussagen, E-Mails oder sonstige Dokumente, aus denen sich Anvertrauen, Zweckbindung und Verwendung ergeben.
Gericht:
Das Gericht würdigt alle Beweise im Gesamtzusammenhang und prüft, ob sich nach objektiven Maßstäben zeigt, dass ein anvertrautes Gut pflichtwidrig zugeeignet wurde. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob das Verhalten des Beschuldigten nach außen erkennbar einen Vertrauensbruch darstellt und zu einer unzulässigen Vermögensverschiebung geführt hat.
Dabei berücksichtigt das Gericht insbesondere:
- Art des Anvertrauens und die vereinbarte Zweckbindung
- Verfügungsbefugnisse des Beschuldigten
- konkrete Verwendung oder Weitergabe des Gutes
- Zeitpunkt und Ablauf der Zueignung
- Unterlagen oder Zeugenaussagen, die Zweckwidrigkeit belegen
- Nachweise zum Wert des Gutes, falls relevant
- ob ein verständiger Durchschnittsmensch von pflichtwidrigem Umgang ausgehen würde
Abzugrenzen sind bloße Verwaltungsfehler, Missverständnisse, verspätete Rückgaben oder zivilrechtliche Streitigkeiten, bei denen kein strafrechtlich relevanter Vertrauensbruch vorliegt.
Beschuldigte Person:
Die beschuldigte Person trägt keine Beweislast. Sie kann jedoch begründete Zweifel aufzeigen, insbesondere hinsichtlich
- ob das Gut tatsächlich anvertraut war
- ob eine Zweckwidrigkeit vorliegt
- ob eine Berechtigung, Zustimmung oder Weisung bestand
- ob die Verwendung nur vorübergehend oder irrtümlich erfolgte
- ob Rückgabeabsicht bestand
- ob Unklarheiten oder Lücken in der Beweisführung bestehen
- ob der behauptete Wert zutreffend ist
Sie kann darlegen, dass das Verhalten zivilrechtlich erklärbar, missverständlich oder nicht als Zueignung zu werten ist.
Typische Bewertung
In der Praxis sind bei Veruntreuung vor allem folgende Beweise von Bedeutung:
- Verträge, Vollmachten oder Übergabevereinbarungen
- Buchhaltungsunterlagen und Kontoauszüge
- Abrechnungen und Zahlungsflüsse
- interne Kommunikation oder Weisungen
- Zeugenaussagen zum Zweck des Anvertrauens
- Wertnachweise des betroffenen Gutes
- zeitliche Abläufe, aus denen Zweckwidrigkeit erkennbar wird
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „In Veruntreuungsverfahren entscheidet selten ein einzelnes Dokument, sondern das Gesamtbild aus Anvertrauen, Zweckbindung und tatsächlicher Verwendung.“
Praxisbeispiele
- Verwendung anvertrauten Geldes für private Zwecke:
Eine Person erhält von einem Bekannten € 6.000 mit dem klaren Auftrag, dieses Geld treuhändig aufzubewahren und später für eine gemeinsame Investition zu verwenden. Stattdessen überweist sie den Betrag auf ihr eigenes Konto und begleicht damit private Ausgaben. Das Geld war ihr anvertraut und befand sich rechtmäßig in ihrer Verfügungsmacht. Durch die zweckwidrige Verwendung eignet sie es sich nach außen erkennbar zu und verändert die Vermögenszuordnung. Aufgrund des Wertes liegt eine qualifizierte Veruntreuung vor. Entscheidend ist nicht, wofür das Geld ausgegeben wurde, sondern dass das entgegengebrachte Vertrauen gebrochen wurde. - Zweckwidrige Weitergabe eines anvertrauten Gegenstands:
Ein Arbeitnehmer erhält von seinem Arbeitgeber ein hochwertiges Arbeitsgerät zur dienstlichen Nutzung. Ohne Zustimmung gibt er das Gerät an einen Dritten weiter, der es dauerhaft behält. Der Gegenstand wurde dem Arbeitnehmer bewusst anvertraut und nicht zur freien Verfügung überlassen. Durch die Weitergabe wird der Gegenstand der Zugriffsmöglichkeit des Berechtigten entzogen und einem Dritten zugeeignet. Der objektive Tatbestand der Veruntreuung ist erfüllt, weil das Gut pflichtwidrig verwendet und die Vermögenszuordnung verändert wurde. Der Wert des Geräts kann dabei für die Strafhöhe maßgeblich sein.
Diese Beispiele zeigen, dass Veruntreuung gemäß § 133 StGB vorliegt, wenn anvertraute Güter entgegen ihrer Zweckbestimmung verwendet oder weitergegeben werden. Maßgeblich ist der äußerlich erkennbare Vertrauensbruch, nicht die Dauer der Nutzung oder eine spätere Rückgabeabsicht.
Subjektiver Tatbestand
Der subjektive Tatbestand der Veruntreuung nach § 133 StGB verlangt Vorsatz und Bereicherungsvorsatz. Der Täter muss wissen, dass ihm ein Gut anvertraut wurde und dass dieses Gut nicht ihm gehört, sondern er es nur für einen bestimmten Zweck oder im Interesse eines anderen innehat. Er muss erkennen, dass er nicht frei darüber verfügen darf.
Der Vorsatz muss sich darauf beziehen, dass der Täter das anvertraute Gut pflichtwidrig für sich selbst oder für einen Dritten verwendet und damit die Vermögenszuordnung bewusst verändert. Es genügt, wenn der Täter ernstlich für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass er durch sein Verhalten das fremde Gut seinem eigenen Vermögen oder dem eines Dritten zuführt. Ein besonderer Absichtsvorsatz ist nicht erforderlich, Eventualvorsatz reicht aus.
Zusätzlich verlangt § 133 StGB einen Bereicherungsvorsatz. Der Täter muss zumindest billigend in Kauf nehmen, sich oder einem Dritten einen unrechtmäßigen Vermögensvorteil zu verschaffen, etwa durch Behalten, Verwenden, Weitergeben oder Verwerten des anvertrauten Gutes. Entscheidend ist, dass der Täter weiß oder akzeptiert, dass ihm dieser Vorteil rechtlich nicht zusteht.
Bei den wertqualifizierten Formen der Veruntreuung muss sich der Vorsatz auch auf den Wert des Gutes erstrecken. Der Täter muss zumindest damit rechnen und sich damit abfinden, dass der Wert die maßgebliche Grenze von 5.000 Euro oder gegebenenfalls 300.000 Euro übersteigt. Es genügt, wenn er den höheren Wert ernstlich für möglich hält. Wer hingegen ernsthaft davon ausgeht, dass das Gut deutlich unter der Wertgrenze liegt, verwirklicht die qualifizierte Form subjektiv nicht.
Kein subjektiver Tatbestand liegt vor, wenn der Täter gutgläubig davon ausgeht, zur Verwendung des Gutes berechtigt zu sein, wenn er eine wirksame Zustimmung des Berechtigten annimmt oder wenn er ernsthaft glaubt, das Gut im Rahmen der vereinbarten Zweckbestimmung zu verwenden. Ebenso fehlt der Vorsatz, wenn der Täter die Bereicherung oder den maßgeblichen Wert nicht einmal billigend in Kauf nimmt.
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Ein Verbotsirrtum entschuldigt nur, wenn er unvermeidbar war. Wer ein Verhalten setzt, das erkennbar in die Rechte anderer eingreift, kann sich nicht darauf berufen, er habe die Rechtswidrigkeit nicht erkannt. Jeder ist verpflichtet, sich über die rechtlichen Grenzen seines Handelns zu informieren. Ein bloßes Unwissen oder ein leichtfertiger Irrtum befreit nicht von Verantwortung.
Schuldprinzip:
Strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt. Vorsatzdelikte erfordern, dass der Täter das wesentliche Geschehen erkennt und zumindest billigend in Kauf nimmt. Fehlt dieser Vorsatz, etwa weil der Täter irrig annimmt, sein Verhalten sei erlaubt oder werde freiwillig mitgetragen, liegt höchstens Fahrlässigkeit vor. Diese ist bei Vorsatzdelikten nicht ausreichend.
Zurechnungsunfähigkeit:
Keine Schuld trifft jemanden, der zur Tatzeit aufgrund einer schweren seelischen Störung, einer krankhaften geistigen Beeinträchtigung oder einer erheblichen Steuerungsunfähigkeit nicht in der Lage war, das Unrecht seines Handelns einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Bei entsprechenden Zweifeln wird ein psychiatrisches Gutachten eingeholt.
Ein entschuldigender Notstand kann vorliegen, wenn der Täter in einer extremen Zwangslage handelt, um eine akute Gefahr für das eigene Leben oder das Leben anderer abzuwenden. Das Verhalten bleibt rechtswidrig, kann aber schuldmindernd oder entschuldigend wirken, wenn kein anderer Ausweg bestand.
Wer irrtümlich glaubt, er sei zu einer Abwehrhandlung berechtigt, handelt ohne Vorsatz, wenn der Irrtum ernsthaft und nachvollziehbar war. Ein solcher Irrtum kann die Schuld mindern oder ausschließen. Bleibt jedoch ein Sorgfaltsverstoß, kommt eine fahrlässige oder strafmildernde Bewertung in Betracht, nicht aber eine Rechtfertigung.
Strafaufhebung & Diversion
Diversion:
Eine Diversion ist bei der Veruntreuung gemäß § 133 StGB grundsätzlich nicht ausgeschlossen, kommt jedoch zurückhaltend in Betracht. Der Tatbestand setzt einen bewussten Vertrauensbruch voraus, da ein anvertrautes Gut pflichtwidrig zugeeignet wird. Damit ist regelmäßig ein erhöhtes Unrecht verbunden, das eine diversionelle Erledigung nur eingeschränkt zulässt.
In Fällen, in denen der Wert des veruntreuten Gutes gering ist, der Täter erstmals auffällig wird, einsichtig handelt und der verursachte Schaden rasch und vollständig ausgeglichen wird, kann eine Diversion dennoch geprüft werden. Mit steigender Schadenshöhe, insbesondere beim Überschreiten der gesetzlichen Wertgrenzen, sowie bei zielgerichtetem oder länger andauerndem Vorgehen sinkt die Wahrscheinlichkeit einer diversionellen Erledigung deutlich.
Eine Diversion kann geprüft werden, wenn
- die Schuld insgesamt gering ist,
- der Vermögensschaden überschaubar ist,
- keine besondere Vertrauensstellung in schwerwiegender Weise missbraucht wurde,
- keine gravierenden Folgewirkungen eingetreten sind,
- kein planmäßiges oder wiederholtes Verhalten vorliegt,
- der Sachverhalt klar und einfach gelagert ist,
- der Täter einsichtig, kooperativ und ausgleichsbereit ist.
Kommt eine Diversion in Betracht, kann das Gericht Geldleistungen, gemeinnützige Leistungen, Betreuungsweisungen oder einen Tatausgleich anordnen. Eine Diversion führt zu keinem Schuldspruch und zu keinem Strafregistereintrag.
Ausschluss der Diversion:
Eine Diversion ist ausgeschlossen, wenn
- ein erheblicher Vermögensschaden eingetreten ist,
- die gesetzlichen Wertgrenzen deutlich überschritten wurden,
- eine besonders ausgeprägte Vertrauensstellung missbraucht wurde,
- die Tat bewusst zielgerichtet oder über längere Zeit begangen wurde,
- mehrere selbstständige Veruntreuungshandlungen vorliegen,
- ein wiederholtes oder systematisches Verhalten gegeben ist,
- besondere erschwerende Umstände hinzutreten,
- das Gesamtverhalten eine schwerwiegende Verletzung fremder Vermögensinteressen darstellt.
Nur bei deutlich geringster Schuld, rascher Schadensgutmachung und klarer Einsicht kann im Einzelfall geprüft werden, ob ein ausnahmsweises diversionelles Vorgehen zulässig ist. In der Praxis ist die Diversion bei § 133 StGB möglich, aber eng begrenzt und stark von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig.
Strafzumessung & Folgen
Das Gericht bemisst die Strafe nach dem Ausmaß des Vermögenseingriffs, nach Art, Dauer und Intensität der pflichtwidrigen Zueignung sowie danach, wie stark der Missbrauch des anvertrauten Gutes die wirtschaftliche Stellung des Berechtigten beeinträchtigt hat. Maßgeblich ist, ob der Täter zielgerichtet, planvoll oder wiederholt gehandelt hat und ob das Verhalten einen spürbaren Vermögensnachteil verursacht hat.
Erschwerungsgründe bestehen insbesondere, wenn
- die Zueignung über einen längeren Zeitraum fortgesetzt wurde,
- ein systematisches oder besonders hartnäckiges Vorgehen vorlag,
- ein erheblicher Vermögensschaden entstanden ist,
- mehrere anvertraute Güter oder wirtschaftlich bedeutsame Werte betroffen waren,
- trotz eindeutiger Hinweise oder Aufforderungen keine Rückgabe erfolgte,
- eine besondere Vertrauensstellung missbraucht wurde, etwa im Rahmen eines Arbeits-, Geschäfts- oder Abhängigkeitsverhältnisses,
- oder einschlägige Vorstrafen bestehen.
Milderungsgründe sind etwa
- Unbescholtenheit,
- ein vollständiges Geständnis und erkennbare Einsicht,
- eine frühzeitige Rückgabe oder Beendigung des pflichtwidrigen Verhaltens,
- aktive Wiedergutmachungsbemühungen oder Schadensregulierung,
- besondere Belastungs- oder Überforderungssituationen beim Täter,
- oder eine überlange Verfahrensdauer.
Eine Freiheitsstrafe kann das Gericht bedingt nachsehen, wenn sie nicht länger als zwei Jahre beträgt und der Täter eine positive Sozialprognose aufweist.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Diversion ist kein Automatismus. Planmäßiges Vorgehen, Wiederholung oder ein spürbarer Vermögensschaden schließen eine diversionelle Erledigung in der Praxis häufig aus.“
Strafrahmen
Die Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB bildet den Grundtatbestand. Sie liegt vor, wenn ein anvertrautes Gut vorsätzlich zugeeignet wird, um sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern. Der gesetzliche Strafrahmen beträgt Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen.
Übersteigt der Wert des veruntreuten Gutes € 5.000, greift die Wertqualifikation des § 133 Abs. 2 erster Fall StGB. In diesen Fällen erhöht sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Maßgeblich ist allein der objektive Wert des anvertrauten Gutes im Zeitpunkt der Tat.
Übersteigt der Wert des veruntreuten Gutes € 300.000, liegt eine besonders schwere Form der Veruntreuung gemäß § 133 Abs. 2 zweiter Fall StGB vor. Das Gesetz sieht hierfür einen deutlich verschärften Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Eine Geldstrafe ist in dieser Konstellation nicht mehr vorgesehen.
Die Strafdrohung richtet sich ausschließlich nach dem Wert des anvertrauten und zugeeigneten Gutes. Weitere Modalitäten der Tatausführung begründen keine eigenständigen Qualifikationen, können jedoch im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden.
Geldstrafe – Tagessatzsystem
Das österreichische Strafrecht berechnet Geldstrafen nach dem Tagessatzsystem. Die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Schuld, der Betrag pro Tag nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. So wird die Strafe an die persönlichen Verhältnisse angepasst und bleibt dennoch spürbar.
- Spanne: bis zu 720 Tagessätze – mindestens € 4, höchstens € 5.000 pro Tag.
- Praxisformel: Etwa 6 Monate Freiheitsstrafe entsprechen rund 360 Tagessätzen. Diese Umrechnung dient nur als Orientierung und ist kein starres Schema.
- Bei Nichtzahlung: Das Gericht kann eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängen. In der Regel gilt: 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe entspricht 2 Tagessätzen.
Hinweis:
Bei der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB ist eine Geldstrafe ausdrücklich vorgesehen und in der Praxis häufig, insbesondere bei geringerer Schuld, Ersttäterschaft oder vollständiger Schadensgutmachung.
Bei der wertqualifizierten Veruntreuung nach § 133 Abs. 2 StGB tritt die Geldstrafe hingegen deutlich in den Hintergrund. Mit steigender Schadenshöhe und insbesondere bei Überschreiten der Wertgrenze von € 300.000 kommt regelmäßig nur mehr eine Freiheitsstrafe in Betracht. Eine Geldstrafe ist in diesen Fällen gesetzlich nicht mehr vorgesehen oder faktisch ausgeschlossen.
Freiheitsstrafe & (teil)bedingte Nachsicht
§ 37 StGB: Wenn die gesetzliche Strafdrohung bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reicht, kann das Gericht anstelle einer kurzen Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr eine Geldstrafe verhängen. Diese Möglichkeit besteht daher auch bei der Veruntreuung nach § 133 StGB, insbesondere bei der Grundform mit niedriger Schuld und begrenztem Vermögensschaden.
Bei hohen Wertqualifikationen mit gesetzlicher Mindestfreiheitsstrafe scheidet eine Anwendung aus.
§ 43 StGB: Eine Freiheitsstrafe kann bedingt nachgesehen werden, wenn sie zwei Jahre nicht übersteigt und dem Täter eine positive Sozialprognose zukommt. Diese Möglichkeit besteht auch bei der Veruntreuung. Zurückhaltender gewährt wird eine bedingte Nachsicht, wenn die Tat planmäßig, wiederholt oder unter deutlich erschwerenden Umständen begangen wurde. Realistisch ist eine bedingte Nachsicht vor allem dann, wenn der Schaden vollständig gutgemacht wurde, der Täter einsichtig ist und sich die Tat im unteren Bereich der Strafdrohung bewegt.
§ 43a StGB: Die teilbedingte Nachsicht erlaubt eine Kombination aus unbedingtem und bedingt nachgesehenem Strafteil. Sie ist bei Strafen über sechs Monaten und bis zu zwei Jahren möglich.
Bei der Veruntreuung kann diese Form insbesondere dann Bedeutung erlangen, wenn die schuldangemessene Strafe zwischen sechs Monaten und zwei Jahren liegt. Bei Fällen mit Mindestfreiheitsstrafe scheidet sie regelmäßig aus.
§§ 50 bis 52 StGB: Das Gericht kann Weisungen erteilen und Bewährungshilfe anordnen. Häufig betreffen diese die Schadensgutmachung, die Rückgabe oder Herausgabe des veruntreuten Gutes, die Vermeidung weiterer Vermögensdelikte oder strukturierende Maßnahmen. Ziel ist es, den entstandenen Schaden auszugleichen und künftige Straftaten zu verhindern.
Zuständigkeit der Gerichte
Sachliche Zuständigkeit
Für die Veruntreuung gemäß § 133 StGB richtet sich die sachliche Zuständigkeit nach der vorgesehenen Strafdrohung. Beim Grundtatbestand des § 133 Abs. 1 StGB mit einer Strafdrohung von Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen ist grundsätzlich das Bezirksgericht zuständig. Die Strafdrohung überschreitet den einfachen Zuständigkeitsbereich nicht.
Liegt eine Wertqualifikation nach § 133 Abs. 2 StGB vor, weil der Wert des veruntreuten Gutes € 5.000 übersteigt, erhöht sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. In diesen Fällen ist das Landesgericht als Einzelrichter zuständig, da die Strafdrohung die Zuständigkeit des Bezirksgerichts übersteigt.
Übersteigt der Wert des veruntreuten Gutes € 300.000, sieht § 133 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vor. Aufgrund dieser Strafdrohung ist das Schöffengericht zuständig. Eine Entscheidung durch einen Einzelrichter kommt hier nicht mehr in Betracht.
Ein Geschworenengericht ist nicht zuständig, da auch die höchste Strafdrohung des § 133 StGB nicht den gesetzlichen Schwellenwert für dessen Zuständigkeit erreicht.
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Die gerichtliche Zuständigkeit folgt ausschließlich der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung. Maßgeblich sind Strafdrohung, Tatort und Verfahrenszuständigkeit, nicht die subjektive Einschätzung der Beteiligten oder die tatsächliche Komplexität des Sachverhalts.“
Örtliche Zuständigkeit
Örtlich zuständig ist grundsätzlich das Gericht am Ort der Tathandlung. Maßgeblich ist jener Ort, an dem das anvertraute Gut pflichtwidrig zugeeignet wurde, also dort, wo sich der Vertrauensbruch im äußeren Geschehen verwirklicht hat.
Kann der Tatort nicht eindeutig bestimmt werden, richtet sich die Zuständigkeit nach
- dem Wohnsitz der beschuldigten Person,
- dem Ort der Festnahme,
- oder dem Sitz der sachlich zuständigen Staatsanwaltschaft.
Das Verfahren wird dort geführt, wo eine zweckmäßige und ordnungsgemäße Durchführung am besten gewährleistet ist.
Instanzenzug
Gegen Urteile des Bezirksgerichts oder des Landesgerichts als Einzelrichter stehen die gesetzlichen Rechtsmittel der Berufung offen.
Wurde die Veruntreuung vor dem Schöffengericht verhandelt, sind Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde zulässig. Zuständig für die Entscheidung ist in diesen Fällen der Oberste Gerichtshof, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Zivilansprüche im Strafverfahren
Bei der Veruntreuung gemäß § 133 StGB kann die geschädigte Person als Privatbeteiligte ihre zivilrechtlichen Ansprüche unmittelbar im Strafverfahren geltend machen. Da es um den pflichtwidrigen Umgang mit einem anvertrauten Gut geht, richten sich die Ansprüche insbesondere auf den Wert des veruntreuten Gutes, auf Ersatz für eingetretene Vermögensnachteile sowie auf weitere Schäden, die durch die unrechtmäßige Zueignung entstanden sind.
Je nach Sachverhalt können auch Folgeschäden geltend gemacht werden, etwa wenn das anvertraute Gut für berufliche, betriebliche oder wirtschaftlich wesentliche Zwecke bestimmt war und dessen Veruntreuung zu spürbaren finanziellen Nachteilen geführt hat.
Der Privatbeteiligtenanschluss hemmt die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche für die Dauer des Strafverfahrens. Erst nach dessen rechtskräftigem Abschluss läuft die Verjährungsfrist weiter, soweit der Schaden nicht vollständig zugesprochen wurde.
Eine freiwillige Wiedergutmachung, etwa durch Rückgabe des Gutes, Ersatz des Wertes oder ein ernsthaftes Bemühen um Schadensausgleich, kann sich strafmildernd auswirken, sofern sie rechtzeitig und vollständig erfolgt.
Hat der Täter jedoch zielgerichtet, über einen längeren Zeitraum oder in einer Weise gehandelt, die zu einem erheblichen Vermögensschaden geführt hat, verliert eine spätere Schadensgutmachung regelmäßig einen wesentlichen Teil ihrer mildernden Wirkung. In solchen Fällen kann der nachträgliche Ausgleich den Vertrauensbruch und das Unrecht der Tat nur noch eingeschränkt kompensieren.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Privatbeteiligtenansprüche müssen klar beziffert und belegt werden. Ohne saubere Schadensdokumentation bleibt der Ersatzanspruch im Strafverfahren oft unvollständig und verlagert sich ins Zivilverfahren.“
Strafverfahren im Überblick
Ermittlungsbeginn
Ein Strafverfahren setzt einen konkreten Verdacht voraus, ab dem eine Person als Beschuldigter gilt und sämtliche Beschuldigtenrechte in Anspruch nehmen kann. Da es sich um ein Offizialdelikt handelt, leiten Polizei und Staatsanwaltschaft das Verfahren von Amts wegen ein, sobald ein entsprechender Verdacht besteht. Eine besondere Erklärung des Geschädigten ist hierfür nicht erforderlich.
Polizei und Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft führt das Ermittlungsverfahren und bestimmt den weiteren Ablauf. Die Kriminalpolizei setzt die notwendigen Ermittlungen, sichert Spuren, erhebt Zeugenaussagen und dokumentiert den Schaden. Am Ende entscheidet die Staatsanwaltschaft über Einstellung, Diversion oder Anklage, abhängig von Verschuldensgrad, Schadenshöhe und Beweislage.
Beschuldigtenvernehmung
Vor jeder Vernehmung erhält die beschuldigte Person eine vollständige Belehrung über ihre Rechte, insbesondere das Schweigerecht und das Recht auf Verteidigerbeiziehung. Verlangt der Beschuldigte einen Verteidiger, ist die Vernehmung zu verschieben. Die formelle Beschuldigtenvernehmung dient der Konfrontation mit dem Tatvorwurf sowie der Einräumung der Möglichkeit zur Stellungnahme.
Akteneinsicht
Akteneinsicht kann bei Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht genommen werden. Sie umfasst auch Beweisgegenstände, soweit der Ermittlungszweck dadurch nicht gefährdet wird. Der Privatbeteiligtenanschluss richtet sich nach den allgemeinen Regeln der Strafprozessordnung und ermöglicht dem Geschädigten, Schadenersatzansprüche direkt im Strafverfahren geltend zu machen.
Hauptverhandlung
Die Hauptverhandlung dient der mündlichen Beweisaufnahme, der rechtlichen Beurteilung und der Entscheidung über allfällige zivilrechtliche Ansprüche. Das Gericht prüft insbesondere Tatablauf, Vorsatz, Schadenshöhe und die Glaubhaftigkeit der Aussagen. Das Verfahren schließt mit Schuldspruch, Freispruch oder diversioneller Erledigung.
Beschuldigtenrechte
- Information & Verteidigung: Recht auf Verständigung, Verfahrenshilfe, freie Verteidigerwahl, Übersetzungshilfe, Beweisanträge.
- Schweigen & Anwalt: Schweigerecht jederzeit; bei Verteidigerbeiziehung ist die Vernehmung aufzuschieben.
- Belehrungspflicht: zeitnahe Information über Verdacht/Rechte; Ausnahmen nur zur Sicherung des Ermittlungszwecks.
- Akteneinsicht praktisch: Ermittlungs- und Hauptverfahrensakten; Einsicht Dritter begrenzt zugunsten des Beschuldigten.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Die richtigen Schritte in den ersten 48 Stunden entscheiden oft darüber, ob ein Verfahren eskaliert oder kontrollierbar bleibt.“
Praxis & Verhaltenstipps
- Schweigen wahren.
Eine kurze Erklärung genügt: „Ich mache von meinem Recht zu schweigen Gebrauch und spreche zuerst mit meiner Verteidigung.“ Dieses Recht gilt bereits ab der ersten Einvernahme durch Polizei oder Staatsanwaltschaft. - Unverzüglich Verteidigung kontaktieren.
Ohne Einsicht in die Ermittlungsakten sollte keine Aussage erfolgen. Erst nach Akteneinsicht kann die Verteidigung einschätzen, welche Strategie und welche Beweissicherung sinnvoll sind. - Beweise umgehend sichern.
Alle verfügbaren Unterlagen, Nachrichten, Fotos, Videos und sonstigen Aufzeichnungen sollten Sie möglichst früh sichern und in Kopie aufbewahren. Digitale Daten sind regelmäßig zu sichern und vor nachträglichen Änderungen zu schützen. Notieren Sie wichtige Personen als mögliche Zeugen und halten Sie den Ablauf des Geschehens zeitnah in einem Gedächtnisprotokoll fest. - Keinen Kontakt zur Gegenseite aufnehmen.
Eigene Nachrichten, Anrufe oder Posts können als Beweismittel gegen Sie verwendet werden. Sämtliche Kommunikation soll ausschließlich über die Verteidigung erfolgen. - Video- und Datenaufzeichnungen rechtzeitig sichern.
Überwachungsvideos in öffentlichen Verkehrsmitteln, Lokalen oder von Hausverwaltungen werden häufig nach wenigen Tagen automatisch gelöscht. Anträge auf Datensicherung müssen daher sofort an Betreiber, Polizei oder Staatsanwaltschaft gestellt werden. - Durchsuchungen und Sicherstellungen dokumentieren.
Bei Hausdurchsuchungen oder Sicherstellungen sollten Sie eine Ausfertigung der Anordnung oder Niederschrift verlangen. Notieren Sie Datum, Uhrzeit, beteiligte Personen und alle mitgenommenen Gegenstände. - Bei Festnahme: keine Aussagen zur Sache.
Bestehen Sie auf sofortige Verständigung Ihrer Verteidigung. Untersuchungshaft darf nur bei dringendem Tatverdacht und zusätzlichem Haftgrund verhängt werden. Gelindere Mittel (z. B. Gelöbnis, Meldepflicht, Kontaktverbot) sind vorrangig. - Wiedergutmachung gezielt vorbereiten.
Zahlungen, symbolische Leistungen, Entschuldigungen oder sonstige Ausgleichsangebote sollen ausschließlich über die Verteidigung abgewickelt und belegt werden. Eine strukturierte Wiedergutmachung kann sich positiv auf Diversion und Strafbemessung auswirken.
Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Wer überlegt handelt, Beweise sichert und früh anwaltliche Unterstützung sucht, behält die Kontrolle über das Verfahren.“
Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung
Die Veruntreuung gemäß § 133 StGB setzt voraus, dass ein anvertrautes Gut pflichtwidrig zugeeignet wird und zusätzlich ein Bereicherungsvorsatz vorliegt. Die rechtliche Beurteilung hängt maßgeblich davon ab, ob tatsächlich ein Anvertrauen bestand, wie weit die eingeräumte Verfügungsmacht reichte, ob eine Zwecküberschreitung vorliegt und wie sich der behauptete Vermögensschaden darstellt. Bereits geringe Unterschiede im tatsächlichen Ablauf können darüber entscheiden, ob der Tatbestand erfüllt ist oder nicht.
Eine frühzeitige anwaltliche Begleitung stellt sicher, dass das zugrunde liegende Rechtsverhältnis korrekt eingeordnet, der tatsächliche Umgang mit dem Gut präzise aufgearbeitet und entlastende Umstände rechtlich verwertbar gemacht werden.
Unsere Kanzlei
prüft, ob die Voraussetzungen einer Veruntreuung tatsächlich vorliegen oder ob ein bloß zivilrechtlicher Konflikt gegeben ist,
- analysiert, ob ein Anvertrauen im strafrechtlichen Sinn bestand und ob die behauptete Zueignung objektiv nachvollziehbar ist,
- bewertet, ob Wertqualifikationen rechtlich haltbar sind und wie sich diese auf Strafdrohung und Verfahren auswirken,
- entwickelt eine klare Verteidigungsstrategie, die den Sachverhalt vollständig, strukturiert und rechtlich präzise einordnet.
Als strafrechtlich spezialisierte Vertretung stellen wir sicher, dass der Vorwurf der Veruntreuung sorgfältig geprüft, rechtlich korrekt abgegrenzt und das Verfahren auf einer tragfähigen Tatsachen- und Beweisgrundlage geführt wird.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Anwaltliche Unterstützung bedeutet, das tatsächliche Geschehen klar von Wertungen zu trennen und daraus eine belastbare Verteidigungsstrategie zu entwickeln.“