Widerrufsfristen
Widerrufsfristen
§ 56 StGB regelt, bis wann ein Gericht den Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder einer bedingten Entlassung anordnen darf.
Die Vorschrift dient der Rechtssicherheit: Sie soll verhindern, dass Bewährungsentscheidungen unbegrenzt in der Schwebe bleiben. Zugleich ermöglicht sie, dass Straftaten, die während der Probezeit begangen wurden, auch dann noch berücksichtigt werden können, wenn sie erst später entdeckt oder rechtskräftig abgeurteilt werden.
Die Regelung schließt das System der §§ 53 bis 55 StGB ab und legt fest, in welchem Zeitraum ein gerichtlicher Widerruf zulässig ist.
§ 56 StGB bestimmt, dass der Widerruf einer bedingten Nachsicht oder Entlassung nur während der Probezeit oder binnen sechs Monaten danach ausgesprochen werden darf.
Gesetzliche Grundlage
Die in den §§ 53 bis 55 vorgesehenen Verfügungen kann das Gericht nur in der Probezeit, wegen einer während dieser Zeit begangenen strafbaren Handlung jedoch auch innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Probezeit oder nach Beendigung eines bei deren Ablauf gegen den Rechtsbrecher anhängigen Strafverfahrens treffen.
Anwendungsbereich
§ 56 StGB gilt für alle Fälle, in denen ein Widerruf nach den §§ 53 bis 55 in Betracht kommt.
Dazu gehören:
- Widerruf der bedingten Strafnachsicht oder Entlassung
- Widerruf bei vorbeugenden Maßnahmen
- Widerruf bei nachträglicher Verurteilung
Das Gericht darf eine Widerrufsentscheidung grundsätzlich nur während der Probezeit treffen. Dadurch bleibt der Bezug zur Bewährungsphase gewahrt, und der Betroffene weiß, in welchem Zeitraum seine Entlassung überprüft werden kann.
Nachträgliche Widerrufsmöglichkeit
Hat die betroffene Person während der Probezeit eine neue strafbare Handlung begangen, darf das Gericht den Widerruf auch nach Ablauf der Probezeit aussprechen.
Diese nachträgliche Entscheidung ist jedoch zeitlich begrenzt:
- bis spätestens sechs Monate nach Ablauf der Probezeit, oder
- bis spätestens sechs Monate nach Abschluss eines Strafverfahrens, das bei Ablauf der Probezeit bereits anhängig war.
Damit wird vermieden, dass sich jemand der Verantwortung entzieht, nur weil ein Verfahren länger dauert oder erst nach der Probezeit abgeschlossen wird.
Zweck der Fristenregelung
Die Regelung des § 56 StGB dient zwei Zielen: Sie schützt das Vertrauen in die Rechtssicherheit und ermöglicht zugleich eine sachgerechte Reaktion auf neue Delikte.
Das Gesetz zieht eine klare zeitliche Grenze, um zu verhindern, dass Bewährungsentscheidungen unbegrenzt in der Schwebe bleiben. Gleichzeitig erlaubt es, auf während der Probezeit begangene Verstöße wirksam zu reagieren.
So entsteht ein gerechter Ausgleich zwischen Stabilität und Kontrolle.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Die Widerrufsfristen im Strafrecht sind kein bloßer Formalismus, sondern Ausdruck des Vertrauensschutzes. Wer seine Bewährung erfüllt hat, muss darauf bauen können, dass getroffene Entscheidungen Bestand haben.“
Beispiel aus der Praxis
Ein bedingt entlassener Straftäter begeht wenige Wochen vor Ablauf seiner Probezeit eine neue Tat.
Das Strafverfahren zieht sich über mehrere Monate. Nach § 56 StGB kann das Gericht den Widerruf der bedingten Entlassung noch innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des neuen Verfahrens anordnen.
Damit bleibt der Zusammenhang zwischen der Tat und der Bewährungsbewertung gewahrt.
Rechtliche Bedeutung
§ 56 StGB schafft verbindliche zeitliche Grenzen für gerichtliche Eingriffe in Bewährungsentscheidungen.
Er verhindert, dass eine Entlassung nach vielen Jahren erneut in Frage gestellt wird, und stärkt so das Vertrauen in die Endgültigkeit rechtskräftiger Urteile.
Gleichzeitig sichert er, dass auf relevante Straftaten, die in der Probezeit begangen wurden, noch rechtzeitig reagiert werden kann.
Die Bestimmung bildet damit den Schlusspunkt des Bewährungssystems und gewährleistet dessen innere Ausgewogenheit.
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Peter HarlanderHarlander & Partner Rechtsanwälte „Machen Sie keine inhaltlichen Aussagen ohne vorherige Rücksprache mit Ihrer Verteidigung. Sie haben jederzeit das Recht zu schweigen und eine Anwältin oder einen Anwalt beizuziehen. Dieses Recht gilt bereits bei der ersten polizeilichen Kontaktaufnahme. Erst nach Akteneinsicht lässt sich klären, ob und welche Einlassung sinnvoll ist.“