Verfall und erweiterter Verfall
Verfall und erweiterter Verfall
Der Verfall und der erweiterte Verfall nach den §§ 20 bis 20c StGB sind Maßnahmen der Vermögensabschöpfung im österreichischen Strafrecht. Sie bezwecken, dass Täter keine wirtschaftlichen Vorteile aus einer Straftat behalten.
Nach § 20 StGB erklärt das Gericht Vermögenswerte für verfallen, wenn sie durch eine strafbare Handlung entstanden sind oder zu ihrer Begehung dienten. § 20a StGB lässt den Verfall entfallen, wenn Dritte die Vermögenswerte gutgläubig erworben haben oder der Täter den Schaden bereits ersetzt hat.
§ 20b StGB erfasst Vermögen, dessen rechtmäßige Herkunft der Betroffene nicht glaubhaft macht, insbesondere bei organisierter oder terroristischer Kriminalität. § 20c StGB schützt unbeteiligte Dritte, indem er den erweiterten Verfall auf deren Vermögenswerte nicht anwendet.
Ziel dieser Bestimmungen ist es, unrechtmäßig erworbenes Vermögen aus dem Verkehr zu ziehen und sicherzustellen, dass sich strafbares Verhalten wirtschaftlich nicht lohnt.
Der Verfall nach §§ 20 ff StGB ermächtigt das Gericht, Vermögenswerte einzuziehen, die eine Person durch eine Straftat erlangt oder für deren Begehung verwendet hat. Der erweiterte Verfall betrifft darüber hinaus Vermögen aus kriminellen Quellen, selbst wenn kein direkter Tatnachweis möglich ist.
Verfall
Nach § 20 StGB erklärt das Gericht Vermögenswerte für verfallen, wenn jemand sie zur Begehung einer strafbaren Handlung verwendet oder durch diese erlangt hat. Damit entzieht es dem Täter den unrechtmäßigen wirtschaftlichen Vorteil und stellt die Rechtsordnung wieder her.
Zum Verfall können alle geldwerten Vorteile gehören – etwa Bargeld, Forderungen, Sachwerte oder Gewinne aus der Tat. Auch indirekte Erträge (Zinsen, Verkaufserlöse) und Ersatzwerte (z. B. neu erworbene Gegenstände) sind umfasst.
Sind die betreffenden Vermögenswerte nicht auffindbar oder beschlagnahmt, ordnet das Gericht einen Geldbetrag an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Lässt sich der genaue Betrag nicht mit vertretbarem Aufwand feststellen, darf das Gericht den Umfang nach freier Überzeugung schätzen.
Der Verfall wird von Amts wegen geprüft und angeordnet, sobald die Voraussetzungen vorliegen. Er unterscheidet sich von der Konfiskation, die Tatwerkzeuge betrifft, und von der Einziehung, die auf verbotene Gegenstände zielt.
Unterbleiben des Verfalls
§ 20a StGB schützt unbeteiligte Dritte und regelt, wann ein Verfall nicht angeordnet wird.
Der Verfall unterbleibt, wenn:
- der Erwerber die Vermögenswerte in gutem Glauben und ohne Kenntnis der Straftat erlangt hat,
- der Täter den Schaden bereits wiedergutgemacht oder eine entsprechende Sicherheit geleistet hat,
- der Zweck des Verfalls bereits durch andere Maßnahmen (z. B. Schadenersatz oder Pfändung) erreicht wurde,
- der Aufwand zur Einbringung außer Verhältnis zum Wert des Vermögens steht.
Diese Ausnahmen verhindern unbillige Härten und gewährleisten, dass nur rechtswidrig erzielte Vorteile entzogen werden. In der Praxis bedeutet das: Wenn der Täter den Schaden ersetzt oder der Vermögenswert inzwischen rechtmäßig erworben wurde, wird kein Verfall angeordnet.
Erweiterter Verfall
Der erweiterte Verfall nach § 20b StGB ermächtigt das Gericht, Vermögenswerte einzuziehen, die nicht unmittelbar mit der abgeurteilten Straftat zusammenhängen, deren rechtmäßige Herkunft der Betroffene jedoch nicht glaubhaft macht.
Er betrifft insbesondere Fälle von organisierter oder terroristischer Kriminalität (§§ 278a–278d StGB) sowie bestimmte schwere Delikte wie Geldwäscherei, Menschenhandel, Korruption oder Drogenhandel.
Das Gericht kann den erweiterten Verfall anordnen, wenn Vermögenswerte:
- der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung unterliegen,
- zur Terrorismusfinanzierung bereitgestellt oder gesammelt wurden, oder
- im zeitlichen Zusammenhang mit schweren Straftaten erlangt wurden und ihre rechtmäßige Herkunft nicht belegt werden kann.
Die richterliche Überzeugung kann sich dabei insbesondere auf einen auffallenden Widerspruch zwischen den Vermögensverhältnissen und den erklärten Einkünften des Betroffenen stützen.
Sebastian RiedlmairHarlander & Partner Rechtsanwälte „Der erweiterte Verfall greift, wenn Vermögen offensichtlich nicht aus legalen Quellen stammt. Er schützt die Rechtsordnung vor ungerechtfertigter Bereicherung“
Der erweiterte Verfall greift auch, wenn gegen den Betroffenen kein Strafurteil ergeht,wie etwa weil er flüchtig ist oder verstorben ist. Damit wird verhindert, dass kriminelles Vermögen allein wegen Verfahrenshindernissen erhalten bleibt.
Unterbleiben des erweiterten Verfalls
§ 20c StGB begrenzt den erweiterten Verfall zugunsten unbeteiligter Personen.
Das Gericht ordnet den erweiterten Verfall nicht an, wenn an den betroffenen Vermögenswerten Rechtsansprüche Dritter bestehen, die an der Straftat oder an einer kriminellen Organisation nicht beteiligt sind.
Darüber hinaus gelten die Schutzmechanismen des § 20a StGB sinngemäß.
Damit ist sichergestellt, dass der Staat nur unrechtmäßiges Vermögen einzieht, ohne in berechtigte Eigentumsrechte Unbeteiligter einzugreifen.
Verhältnismäßigkeit
Sowohl der einfache als auch der erweiterte Verfall unterliegen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Das Gericht darf den Eingriff nicht anordnen, wenn er zur Bedeutung der Tat oder zur Schuld des Täters außer Verhältnis steht.
Damit soll sichergestellt werden, dass die Maßnahme sachlich gerechtfertigt bleibt und weder zu übermäßigen Eingriffen noch zu doppelten Belastungen führt.
Folgen in der Praxis
Mit Rechtskraft des Urteils gehen die für verfallen erklärten Vermögenswerte auf den Staat über. Diese können verwertet, unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
In der Praxis führt der Verfall häufig zum Verlust erheblicher Vermögenswerte – insbesondere bei Wirtschafts- oder Korruptionsdelikten.
Der erweiterte Verfall ermöglicht es darüber hinaus, unklare oder verdächtige Vermögenszuwächse einzuziehen, wenn ihre legale Herkunft nicht glaubhaft gemacht werden kann.
Beide Instrumente treffen Täter wirtschaftlich empfindlich und dienen zugleich der Prävention: Wer keinen finanziellen Vorteil aus seiner Tat ziehen kann, hat weniger Anreiz zur Wiederholung.
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