Gratis Erstgespräch
Online Terminauswahl
Online Terminauswahl

Anrechnung der Vorhaft

§ 38 StGB verpflichtet das Gericht, Haftzeiten, die eine Person vor der rechtskräftigen Verurteilung verbracht hat, auf die verhängte Strafe anzurechnen. Erfasst werden sowohl Untersuchungshaft als auch gerichtliche und verwaltungsbehördliche Verwahrungshaft. Unter bestimmten Umständen kann auch eine im Ausland verbrachte Haftzeit berücksichtigt werden. Die Regelung soll sicherstellen, dass niemand länger in Haft bleibt, als es der tatsächlich ausgesprochenen Strafe entspricht.

Vorhaft wird auf Freiheits- und Geldstrafen angerechnet, damit es zu keiner doppelten Bestrafung kommt.

Erfahren Sie, wann und wie österreichische Gerichte Vorhaft auf Freiheits- und Geldstrafen anrechnen gemäß §38 StGB

Grundsatz

Das Gericht muss die Vorhaft anrechnen. Es darf die Anrechnung weder übergehen noch einschränken. Jede Haftzeit, die in einem sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit der abgeurteilten Tat steht, fließt in die Strafbemessung ein.
Ob das Gericht eine unbedingte oder bedingte Freiheitsstrafe verhängt, ändert daran nichts. Auch wenn es die Strafe teilweise bedingt nachsieht, rechnet es die Vorhaft vollständig an.

Der Zweck dieser Regelung liegt in der Wahrung der materiellen Gerechtigkeit: Der Staat darf einem Menschen seine Freiheit nur einmal für dieselbe Tat entziehen. Alles, was vor dem Urteil an Freiheitsentzug erlitten wurde, mindert daher das noch zu verbüßende Strafmaß.

Anrechenbare Haftzeiten

Nach § 38 Abs. 1 StGB sind mehrere Formen der Haft zu berücksichtigen:

Die Anrechnung erfolgt stets nur insoweit, als diese Haftzeiten nicht bereits auf eine andere Strafe angerechnet oder durch eine Entschädigung ausgeglichen wurden. Eine doppelte Berücksichtigung ist unzulässig.

Nicht angerechnet werden Haftzeiten aus anderen, völlig unabhängigen Verfahren oder bloße Verwaltungshaft ohne Bezug zur strafbaren Handlung.

Verfahren und Zuständigkeit

Über die Anrechnung entscheidet das Erstgericht, und zwar nach § 400 Abs. 1 StPO durch Beschluss. In der Praxis erfolgt die Anrechnung meist schon bei der Urteilsverkündung. Wurde sie dabei übersehen, kann das Gericht die Entscheidung nachholen, solange die Strafe noch nicht vollständig vollstreckt wurde.

Gemäß § 400 Abs. 3 StPO ist auch die Staatsanwaltschaft über die Anrechnung zu verständigen. Die Prüfung erfolgt von Amts wegen. Das bedeutet, dass weder der Angeklagte noch die Verteidigung einen Antrag stellen müssen sondern das Gericht ist verpflichtet, die Anrechnung eigenständig vorzunehmen.

Damit die Anrechnung rechtmäßig erfolgen kann, muss die Dauer der Haft genau feststehen. Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Haft müssen dokumentiert sein. Fehlt diese genaue Feststellung, darf keine Anrechnung erfolgen.

Rechtsanwalt Sebastian Riedlmair Sebastian Riedlmair
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Die Anrechnung der Vorhaft ist Ausdruck eines fairen Strafverfahrens. Sie sorgt dafür, dass jede Stunde, die jemand in Haft verbringt, rechtlich Gewicht hat und nicht verloren geht.“

Besondere Fälle und Ausnahmen

Nicht jede Haft zählt zur Anrechnung. Das Finanzstrafgesetz schließt die Anrechnung aus, wenn die Haft aus einem verwaltungsrechtlichen Finanzstrafverfahren stammt und keinen unmittelbaren Bezug zur strafrechtlichen Tat hat. Hat ein anderes Verfahren die Haftzeit bereits berücksichtigt oder besteht eine Entschädigung, nimmt das Gericht keine weitere Anrechnung vor.

Führt die Justiz mehrere Verfahren parallel, kann das Gericht Vorhaft nur dann anrechnen, wenn es die Verfahren objektiv verbinden könnte. Fehlt dieser Zusammenhang, behandelt das Gericht jede Haft gesondert und entscheidet darüber getrennt.

Anrechnung bei Geldstrafen

§ 38 Abs. 2 StGB erstreckt die Anrechnung auch auf Geldstrafen. Maßgeblich ist die Ersatzfreiheitsstrafe. Zahlt der Betroffene die Geldstrafe nicht, rechnet das Gericht jeden Tag Vorhaft auf die entsprechende Zahl an Tagessätzen an; andernfalls vollzieht die Behörde Ersatzfreiheitsstrafe. So sichert das System, dass Personen mit geringem Einkommen nicht schlechter abschneiden. Die Anrechnung gleicht wirtschaftliche Nachteile aus, damit die Strafe im Ergebnis gleich wirkt.

Bedeutung in der Praxis

Die Anrechnung der Vorhaft kann über die tatsächliche Dauer des Freiheitsentzugs entscheiden. In vielen Fällen führt sie dazu, dass der Betroffene nach der Urteilsverkündung sofort entlassen wird, weil die angerechnete Zeit der Strafe entspricht.

Auch für die Strafvollzugsbehörden hat sie große praktische Bedeutung: Sie dient als Berechnungsgrundlage für das Strafende und beeinflusst den Zeitpunkt möglicher Entlassungen.

Die Vorschrift ist daher nicht nur ein rechnerisches Detail, sondern ein zentraler Bestandteil der Strafzumessung. Sie verknüpft das Prinzip der Verhältnismäßigkeit mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens und sorgt für eine präzise und gerechte Umsetzung der Strafe.

Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung

Ein Strafverfahren ist für Betroffene eine erhebliche Belastung. Schon zu Beginn drohen schwerwiegende Folgen – von Zwangsmaßnahmen wie Hausdurchsuchung oder Festnahme über Eintragungen im Strafregister bis hin zu Freiheits- oder Geldstrafen. Fehler in der ersten Phase, etwa unbedachte Aussagen oder fehlende Beweissicherung, lassen sich später oft nicht mehr korrigieren. Auch wirtschaftliche Risiken wie Schadenersatzansprüche oder Kosten des Verfahrens können massiv ins Gewicht fallen.

Eine spezialisierte Strafverteidigung sorgt dafür, dass Ihre Rechte von Anfang an gewahrt bleiben. Sie gibt Sicherheit im Umgang mit Polizei und Staatsanwaltschaft, schützt vor Selbstbelastung und schafft die Basis für eine klare Verteidigungsstrategie.

Unsere Kanzlei:

Rechtsanwalt Peter Harlander Peter Harlander
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Machen Sie keine inhaltlichen Aussagen ohne vorherige Rücksprache mit Ihrer Verteidigung. Sie haben jederzeit das Recht zu schweigen und eine Anwältin oder einen Anwalt beizuziehen. Dieses Recht gilt bereits bei der ersten polizeilichen Kontaktaufnahme. Erst nach Akteneinsicht lässt sich klären, ob und welche Einlassung sinnvoll ist.“
Online TerminauswahlGratis Erstgespräch buchen

Häufig gestellte Fragen – FAQ

Online TerminauswahlGratis Erstgespräch buchen

Gratis Erstgespräch

Jetzt Wunschtermin wählen:

Zuletzt geändert: 03.11.2025
Autor RA Mag. Peter Harlander
Beruf: Rechtsanwalt, Senior Equity-Partner
Gratis Erstgespräch: jetzt buchen
Rechtsanwalt Peter Harlander ist Senior Partner der Harlander & Partner Rechtsanwälte GmbH sowie Mitgründer mehrerer Gesellschaften im legal tech Bereich. Seine Schwerpunkte liegen im Wirtschaftsrecht, Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Designrecht, IT-Recht, E-Commerce-Recht und Datenschutzrecht.

Unser Team