Erpresserische Entführung

Die erpresserische Entführung gemäß § 102 StGB ist ein besonders schweres Verbrechen, bei dem eine Person ihrer Freiheit beraubt oder sonst in die Gewalt des Täters gebracht wird, um einen Dritten mit der Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Opfers zu erpressen. Typisch ist die Drohung, dem Opfer etwas anzutun, wenn das geforderte Verhalten ausbleibt, etwa die Zahlung eines Lösegeldes oder eine bestimmte Entscheidung einer Behörde oder eines Unternehmens. Kern des Unrechts ist nicht nur die massive Verletzung der persönlichen Freiheit des Opfers, sondern vor allem dessen Herabwürdigung zum bloßen Druckmittel, mit dem wirtschaftliche, persönliche oder politische Ziele erzwungen werden sollen. Die erpresserische Entführung verbindet daher eine qualifizierte Freiheitsverletzung mit einer schweren Form der Nötigung und Erpressung und wird entsprechend streng bestraft.

Erpresserische Entführung gemäß § 102 StGB bedeutet, eine Person zu entführen oder sich ihrer zu bemächtigen, um einen Dritten unter dem Druck der Gefahr für das Opfer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu zwingen, meist zur Erzwingung von Geldzahlungen oder anderen Vorteilen.

Erpresserische Entführung nach § 102 StGB erklärt. Wann eine Bemächtigung zur Erpressung wird und welche schweren Strafen drohen.

Objektiver Tatbestand

Der objektive Tatbestand der erpresserischen Entführung erfasst alle äußeren und wahrnehmbaren Vorgänge, die zeigen, dass eine Person ihrer Freiheit beraubt und als Druckmittel eingesetzt wird. Er bildet ausschließlich das sichtbare Geschehen ab, vergleichbar mit einer Kamera, die nur aufzeichnet, was tatsächlich passiert, ohne innere Absichten oder Motive.

Tatbestandsmäßig ist jede Lage, in der eine Person entführt, festgehalten oder in die Kontrolle des Täters gebracht wird. Entscheidend ist, dass dieser Zustand klar erkennbar besteht und dass das Opfer nicht mehr frei entscheiden oder sich selbst schützen kann. Ob der Täter diesen Zustand durch Gewalt, Täuschung, psychische Einflussnahme oder das Ausnutzen einer Gelegenheit geschaffen hat, spielt für den objektiven Tatbestand keine Rolle. Maßgeblich ist allein der äußere Freiheitsentzug.

Der objektive Tatbestand ist daher erfüllt, sobald das Opfer aus seinem gewohnten Schutzbereich entfernt oder unter die tatsächliche Herrschaft des Täters gebracht wird und diese Situation geeignet ist, auf einen Dritten Druck auszuüben.

Prüfungsschritte

Tatsubjekt:

Jede Person, die den Aufenthaltsort des Opfers bestimmt, beeinflusst oder dessen Verbringung oder Bemächtigung veranlasst.

Tatobjekt:

Tatobjekt ist jede Person, unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialem Hintergrund. Entscheidend ist, dass sie gegen oder ohne ihren freien Willen entführt oder in die Gewalt des Täters gebracht wird und dadurch zum Druckmittel der beabsichtigten Erpressung wird.

Für die Strafbarkeit ist es unerheblich, ob das Opfer zunächst scheinbar freiwillig mitgeht. Eine aus Täuschung oder psychischer Überlegenheit erlangte Mitwirkung ist rechtlich unbeachtlich, wenn sie dazu führt, dass das Opfer in die Kontrolle des Täters gerät. Sobald das Opfer im Machtbereich des Täters steht und dieser Zustand der Erpressung dienen soll, ist der Schutzzweck des Gesetzes erfüllt.

Kommt es anschließend zu einer tatsächlichen Ortsverlagerung oder einem fortgesetzten Bemächtigungsgeschehen, liegt ein vollendetes Delikt vor.

Tathandlung:

Eine erpresserische Entführung liegt vor, wenn eine Person gegen oder ohne ihren Willen an einen anderen Ort gebracht, dort festgehalten oder in die Gewalt des Täters gebracht wird, um einen Dritten durch diese Lage unter Druck zu setzen.

Typische Handlungen sind:

Keine erpresserische Entführung liegt vor, wenn keine Erpressungsabsicht besteht oder das Verhalten nicht darauf gerichtet ist, einen Dritten durch die Lage des Opfers zu zwingen. Freiwilligkeit des Opfers schließt die Tat nicht aus, wenn sie auf Täuschung, Drohung oder psychische Einflussnahme zurückzuführen ist.

Die Handlung muss zu einem tatsächlichen Entführungs- oder Bemächtigungsgeschehen führen. Bloßes Androhen eines solchen Zustands erfüllt den Tatbestand nicht, kann aber eine qualifizierte Drohung oder eine Erpressung darstellen.

Taterfolg:

Der Taterfolg besteht in der vollzogenen Entziehung des Opfers aus seinem bisherigen Schutzbereich oder in der Herstellung eines Bemächtigungstatbestandes. Maßgeblich ist, dass das Opfer in einer Lage steht, die der Täter beherrscht und die objektiv geeignet ist, als Druckmittel gegenüber einem Dritten eingesetzt zu werden. Auch wer nur den Transport, die Bewachung oder die Bereitstellung eines Ortes übernimmt, kann den Tatbestand mittäterschaftlich oder beitragsmäßig verwirklichen.

Kausalität:

Die Handlung des Täters ist kausal, wenn ohne sie das Opfer nicht in die Gewalt des Täters gelangt wäre oder der Entführungszustand nicht entstanden wäre. Jede Handlung, die die Freiheitsentziehung oder das Bemächtigen begründet, aufrechterhält oder vertieft, ist ursächlich. Auch wenn das Opfer aufgrund von Angst den Anweisungen folgt oder scheinbar freiwillig mitgeht, bleibt die Kausalität bestehen, wenn diese Mitwirkung auf Täuschung oder Druck beruht.

Objektive Zurechnung:

Der Erfolg ist dem Täter objektiv zurechenbar, wenn er bewusst eine Situation schafft, in der das Opfer der Kontrolle anderer entzogen und als Erpressungsmittel eingesetzt wird. Eine rechtmäßige Verbringung setzt entweder eine gesetzliche Grundlage oder eine freie und informierte Zustimmung des Opfers voraus. Jede Handlung, die darauf abzielt, eine Zwangslage zur Durchsetzung fremder Zwecke zu schaffen, ist rechtswidrig und erfüllt den objektiven Tatbestand des § 102 StGB.

Qualifizierende Umstände

Rechtsanwalt Peter Harlander Peter Harlander
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Für den objektiven Tatbestand zählt nichts als das, was man sehen, filmen und protokollieren kann; das Innenleben der Beteiligten gehört in den subjektiven Tatbestand, nicht in die Beschreibung des Geschehensablaufs.“

Abgrenzung zu anderen Delikten

Der Tatbestand der erpresserischen Entführung liegt vor, wenn der Täter eine Person gegen oder ohne deren Willen bemächtigt oder an einen anderen Ort verbringt, um einen Dritten massiv unter Druck zu setzen. Der Täter beeinträchtigt aktiv die Freiheit des Opfers und lenkt gezielt die Entscheidungsfreiheit desjenigen, der dem Druck ausgesetzt wird. Er schafft bewusst eine Zwangslage, kontrolliert die Situation und nutzt das Opfer als Erpressungsmittel, um den gewünschten Erfolg herbeizuführen.

Konkurrenzen:

Echte Konkurrenz:

Echte Konkurrenz liegt vor, wenn die erpresserische Entführung zusammen mit eigenständigen Delikten verwirklicht wird, etwa Körperverletzung, Raub, qualifizierte Drohung oder Misshandlung. Der Täter verletzt mehrere Rechtsgüter in eigener Weise, weshalb jede Tat gesondert zu bestrafen ist.

Unechte Konkurrenz:

Eine unechte Konkurrenz besteht, wenn die Entführung lediglich Teil einer schwereren Haupttat ist und kein eigenständiges Unrecht entfaltet. Dies ist selten, weil bei der erpresserischen Entführung bereits durch die Bemächtigungshandlung erhebliches Unrecht enthält. Nur wenn der gesamte Unrechtsgehalt in einem anderen Delikt aufgeht, kann § 102 StGB zurücktreten.

Tatmehrheit:

Wer mehrere Personen bemächtigt oder den Vorgang mehrfach durchführt, verwirklicht mehrere selbstständige Delikte, die getrennt zu bestrafen sind.

Fortgesetzte Handlung:

Wird das Opfer über längere Zeit oder an verschiedenen Orten festgehalten, liegt eine einheitliche Tat vor, solange der Vorsatz zur Erpressung fortbesteht.

Beweislast & Beweiswürdigung

Staatsanwaltschaft:

Die Staatsanwaltschaft trägt die Beweislast für das Vorliegen einer erpresserischen Entführung, deren Dauer, den Zweck sowie den Zusammenhang zwischen der Handlung und der geplanten oder eingetretenen Erpressung. Sie weist nach, dass das Opfer gegen oder ohne seinen Willen aus seinem Schutzbereich entfernt oder dort festgehalten wurde und dadurch der Kontrolle des Täters unterlag, um als Druckmittel gegenüber einem Dritten eingesetzt zu werden.

Gericht:

Das Gericht prüft und würdigt alle Beweise im Gesamtzusammenhang. Es verwertet keine ungeeigneten oder rechtswidrig erlangten Beweise. Entscheidend ist, ob das Opfer tatsächlich bemächtigt oder entführt wurde und ob diese Lage objektiv geeignet war, Druck auf den Dritten auszuüben. Das Gericht stellt fest, ob ein realer Entführungszustand vorlag, der die Erpressungsabsicht trägt.

Beschuldigte Person:

Die beschuldigte Person hat keine Beweislast. Sie kann jedoch Zweifel an der Erpressungsabsicht, an der tatsächlichen Bemächtigung oder an der Dauer des Entführungszustandes aufzeigen. Ebenso kann sie auf Widersprüche, Beweislücken oder unklare Gutachten hinweisen.

Typische Belege sind ärztliche Befunde über Verletzungen oder Stressreaktionen, Zeugenaussagen zum Ablauf der Verbringung, Video- oder Überwachungsmaterial, digitale Standortdaten wie GPS- oder Mobilfunkprotokolle sowie Spuren an Fahrzeugen, Kleidung oder Türen. In Einzelfällen können auch pädagogische oder psychologische Gutachten bedeutsam sein, etwa zur Frage, ob die unmündige Person den Charakter der Situation erfassen konnte.

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Praxisbeispiele

Diese Beispiele zeigen, dass bereits das Verbringen oder Bemächtigen einer Person aus ihrem rechtmäßigen Schutzbereich die erpresserische Entführung erfüllt. Maßgeblich ist die zielgerichtete Aufhebung der persönlichen Freiheit verbunden mit der Absicht, einen Dritten zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu zwingen.

Subjektiver Tatbestand

Der Täter handelt vorsätzlich. Er weiß oder nimmt zumindest in Kauf, dass er eine Person gegen oder ohne deren Willen in seine Gewalt bringt und damit eine Lage schafft, die er für eine Erpressung eines Dritten nutzen will.

Wesentlich ist die Absicht, einen anderen Menschen unter Druck zu setzen. Der Täter will erreichen, dass dieser Dritte etwas tut, etwas unterlässt oder etwas duldet, weil das Opfer in der Gewalt des Täters ist. Es genügt, dass der Täter diese Wirkung ernsthaft anstrebt. Ob der Dritte später tatsächlich nachgibt, spielt für die Strafbarkeit keine Rolle.

Kein Vorsatz liegt vor, wenn der Täter glaubt, dass das Opfer frei und informiert mitgeht oder wenn er keinen Druck auf einen Dritten ausüben will. Wer irrtümlich annimmt, die Situation diene nur einem harmlosen Zweck, erfüllt den subjektiven Tatbestand nicht.

Entscheidend ist, dass der Täter die Lage des Opfers bewusst herstellt und kontrolliert, um daraus einen Vorteil zu ziehen. Wer erkennt, dass das Opfer von ihm abhängig oder eingeschüchtert ist, und diese Lage gezielt nutzt, um einen Dritten zu etwas zu bewegen, handelt vorsätzlich und erfüllt damit den subjektiven Tatbestand des § 102 StGB.

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Schuld & Irrtümer

Strafaufhebung & Diversion

Freiwillige Freilassung gemäß § 102 Absatz 4 StGB

Der Täter kann die Strafe deutlich senken, wenn er das Opfer freiwillig und ohne Druck von außen freilässt und es ohne ernstlichen Schaden wieder in seinen Lebensbereich zurückkehrt. Die Entführung oder Bemächtigung gilt dann als beendet, sobald das Opfer wieder in Sicherheit ist und nicht mehr unter der Kontrolle des Täters steht.

Wichtig ist, dass der Täter aus eigenem Antrieb handelt, auf die durch die Entführung angestrebte Leistung verzichtet und klar erkennbar macht, dass er die Lage nicht weiter ausnützen will. Wer freiwillig beendet, zeigt Einsicht und kann deshalb eine deutlich mildere Strafe erhalten.

Nachträgliche Wiedergutmachung:

Bemüht sich der Täter nach der Tat um Entschuldigung, Hilfe oder Ausgleich, kann das Gericht dieses Verhalten strafmildernd berücksichtigen. Dazu zählen eine aufrichtige Entschuldigung, die Unterstützung des Opfers oder der Ersatz materieller und seelischer Schäden. Wer Verantwortung übernimmt und aktiv Wiedergutmachung leistet, zeigt, dass er das Unrecht verstanden hat.

Diversion:

Eine Diversion ist bei erpresserischer Entführung nur in seltenen Ausnahmefällen möglich. Die Tat betrifft eine schwere Freiheitsberaubung, die regelmäßig eine deutliche Drucksituation gegenüber dem Opfer und dem Dritten erzeugt. Geringe Schuld liegt nur dann vor, wenn der Sachverhalt klar, überschaubar und ohne nachhaltige Belastung des Opfers ist.

Kommt es zu keinen Drohungen, zu keiner Gewalt und wird das Opfer rasch freigelassen, kann das Gericht im Ausnahmefall eine Diversion prüfen. In solchen Fällen können Geldleistungen, gemeinnützige Arbeit oder ein Tatausgleich angeordnet werden. Eine Diversion führt zu keinem Schuldspruch und keinem Eintrag ins Strafregister.

Ausschluss der Diversion:

Eine Diversion fällt weg, wenn der Täter Gewalt anwendet, ernstlich droht, das Opfer schwer belastet oder die Bemächtigung länger andauert. Auch wenn der Täter versucht, durch die Lage des Opfers hohe Vermögensforderungen oder erhebliche Vorteile zu erzwingen, kommt eine diversionelle Erledigung nicht in Betracht. Nur bei einem Missverständnis, bei geringer Schuld und erkennbarer Einsicht kann das Gericht eine Ausnahme prüfen.

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Strafzumessung & Folgen

Das Gericht bemisst die Strafe nach der Schwere der Tat, der Dauer der Bemächtigung, der Intensität der Drohsituation und dem Zweck der Erpressung. Entscheidend ist, ob der Täter das Opfer bewusst in eine Lage gebracht hat, in der es als Druckmittel gegen einen Dritten eingesetzt wurde. Auch die Frage, wie planvoll der Täter vorgeht und welche Mittel er einsetzt, beeinflusst die Strafhöhe.

Erschwerungsgründe bestehen insbesondere, wenn

Milderungsgründe sind etwa

Eine Freiheitsstrafe kann das Gericht bedingt nachsehen, wenn sie nicht länger als zwei Jahre dauert und der Täter als sozial stabil gilt. Bei längeren Strafen kommt eine teilweise bedingte Nachsicht in Betracht. Zusätzlich kann das Gericht Weisungen anordnen, etwa eine Therapie oder Schadensgutmachung.

Rechtsanwalt Sebastian Riedlmair Sebastian Riedlmair
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„In der Strafzumessung interessiert das Gericht weniger die Dramatik der Schlagworte als die nüchterne Analyse von Dauer, Gefährdung und Folgen der Bemächtigungssituation.“

Strafrahmen

Bei der erpresserischen Entführung liegt der Strafrahmen im Grundfall bei zehn bis zwanzig Jahren Freiheitsstrafe. Das gilt immer dann, wenn eine Person gegen oder ohne ihren Willen bemächtigt oder entführt wird, um einen anderen Menschen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu zwingen. Entscheidend ist, dass das Opfer als Druckmittel eingesetzt wird.

Der gleiche Strafrahmen gilt auch, wenn der Täter eine besonders schutzbedürftige Person entführt oder bemächtigt, etwa ein unmündiges, geistig beeinträchtigtes oder zum Widerstand unfähiges Opfer. Ebenso fällt dieselbe Strafe an, wenn der Täter eine bereits bestehende Entführung oder Bemächtigung ausnützt, um einen Dritten zu nötigen. Die besondere Schutzwürdigkeit oder die bewusste Ausnützung einer Zwangslage erhöhen das Unrecht erheblich.

Kommt es infolge der Tat zum Tod des Opfers, steigt der Strafrahmen deutlich. In diesem besonders schweren Fall kann das Gericht bis zu lebenslange Freiheitsstrafe verhängen. Maßgeblich ist, ob der Tod im Zusammenhang mit der entstehenden Druck- oder Gefahrenlage steht.

Lässt der Täter das Opfer jedoch freiwillig, ohne äußeren Druck und ohne ernstlichen Schaden wieder zurückkehren und verzichtet er vollständig auf die begehrte Leistung, reduziert sich die Strafe erheblich auf sechs Monate bis fünf Jahre. Diese Regelung soll die rasche und unversehrte Freilassung des Opfers fördern.

Geldstrafe – Tagessatzsystem

Das österreichische Strafrecht berechnet Geldstrafen nach dem Tagessatzsystem. Die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Schuld, der Betrag pro Tag nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. So wird die Strafe an die persönlichen Verhältnisse angepasst und bleibt dennoch spürbar.

Freiheitsstrafe & (teil)bedingte Nachsicht

§ 37 StGB: Wenn die gesetzliche Strafdrohung bis zu fünf Jahren reicht, kann das Gericht anstelle einer kurzen Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr eine Geldstrafe verhängen. Diese Möglichkeit besteht auch bei milderen Fällen der erpresserischen Entführung, etwa wenn der Täter das Opfer freiwillig freilässt und keine schwerwiegenden Folgen eingetreten sind. Eine Geldstrafe ist allerdings nur zulässig, wenn keine spezial- oder generalpräventiven Gründe dagegen sprechen.

§ 43 StGB: Eine Freiheitsstrafe kann bedingt nachgesehen werden, wenn sie zwei Jahre nicht übersteigt und dem Verurteilten eine positive Sozialprognose bescheinigt wird. Die Probezeit beträgt ein bis drei Jahre. Wird sie ohne Widerruf absolviert, gilt die Strafe als endgültig nachgesehen.

§ 43a StGB: Die teilbedingte Nachsicht erlaubt die Kombination eines unbedingten und eines bedingten Strafteils. Bei Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten bis zu zwei Jahren kann ein Teil der Strafe bedingt nachgesehen oder durch eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen ersetzt werden, wenn dies den Umständen des Falles entspricht. Diese Lösung wird häufig angewendet, wenn zwar ein gewisses Maß an Unrecht sanktioniert werden muss, aber gleichzeitig eine vollständige Haft nicht erforderlich erscheint.

§§ 50 bis 52 StGB: Das Gericht kann zusätzlich Weisungen erteilen und Bewährungshilfe anordnen. Typische Weisungen betreffen Schadensgutmachung, Teilnahme an einer Therapie oder Beratung, Kontakt- oder Aufenthaltsverbote sowie Maßnahmen zur sozialen Stabilisierung. Ziel ist die Vermeidung weiterer Straftaten und die Förderung einer dauerhaften Legalbewährung.Das Gericht kann zusätzlich Weisungen erteilen und Bewährungshilfe anordnen. Typische Weisungen betreffen Schadensgutmachung, die Teilnahme an einer Therapie oder Beratung, Kontaktverbote, Aufenthaltsbeschränkungen oder andere Maßnahmen, die der sozialen Stabilisierung dienen. Ziel ist es, weitere Straftaten zu verhindern und die dauerhafte Legalbewährung zu unterstützen.

Zuständigkeit der Gerichte

Sachliche Zuständigkeit

Bei der erpresserischen Entführung entscheidet regelmäßig das Landesgericht als Schöffengericht, weil der gesetzliche Strafrahmen zehn bis zwanzig Jahre Freiheitsstrafe vorsieht und damit zu den schweren Verbrechen zählt. Eine Einzelrichterzuständigkeit kommt nicht in Betracht, weil die Strafdrohung deutlich über fünf Jahren liegt.

Aufgrund der hohen Strafandrohung wird kein Geschworenengericht eingesetzt, da die Tat trotz ihrer Schwere nicht zwingend eine lebenslange Freiheitsstrafe als einzige Strafdrohung vorsieht.

Örtliche Zuständigkeit

Zuständig ist das Gericht des Tatorts. Entscheidend ist, wo die Bemächtigung begonnen hat, wo das Opfer festgehalten wurde oder wo die erpresserische Drucksituation ihren Schwerpunkt hatte.

Kann der Tatort nicht eindeutig festgestellt werden, richtet sich die Zuständigkeit nach dem Wohnsitz des Beschuldigten, dem Ort der Festnahme oder dem Sitz der sachlich zuständigen Staatsanwaltschaft. Das Verfahren wird an jenem Standort geführt, an dem die zweckmäßige und ordnungsgemäße Durchführung am besten gewährleistet ist.

Instanzenzug

Gegen Urteile des Landesgerichts ist die Berufung an das Oberlandesgericht zulässig.
Entscheidungen des Oberlandesgerichts können mit Nichtigkeitsbeschwerde oder Berufung beim Obersten Gerichtshof angefochten werden.

Zivilansprüche im Strafverfahren

Bei der erpresserischen Entführung können das Opfer selbst oder nahe Angehörige als Privatbeteiligte zivilrechtliche Ansprüche im Strafverfahren geltend machen. Dazu zählen Schmerzengeld, Therapie- und Behandlungskosten, Verdienstentgang, Betreuungskosten, Kosten für psychologische Unterstützung sowie Ersatz für seelisches Leid und andere Folgeschäden, die durch die Bemächtigung oder das Festhalten entstanden sind.

Der Privatbeteiligtenanschluss hemmt die Verjährung aller geltend gemachten Ansprüche, solange das Strafverfahren läuft. Erst nach rechtskräftigem Abschluss beginnt die Verjährungsfrist wieder zu laufen, soweit der Anspruch nicht vollständig zugesprochen wurde.

Eine freiwillige Schadensgutmachung, etwa durch eine Entschuldigung, finanzielle Wiedergutmachung oder aktive Unterstützung des Opfers, kann sich strafmildernd auswirken, wenn sie rechtzeitig, glaubwürdig und vollständig erfolgt.

Hat der Täter das Opfer jedoch bewusst als Druckmittel eingesetzt, erheblichen psychischen Schaden verursacht oder die Lage besonders rücksichtslos ausgenützt, verliert eine spätere Wiedergutmachung in der Regel ihre mildernde Wirkung. In solchen Fällen kann sie das begangene Unrecht nicht mehr aufwiegen.

Rechtsanwalt Peter Harlander Peter Harlander
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Zivilansprüche wegen psychischer Traumatisierung, Therapiebedarf und Verdienstausfall machen aus dem Strafverfahren schnell ein existenzielles Haftungsrisiko, das wirtschaftlich oft noch schwerer wiegt als die Strafe.“
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Strafverfahren im Überblick

Beschuldigtenrechte

Rechtsanwalt Sebastian Riedlmair Sebastian Riedlmair
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Bei einem Vorwurf nach § 102 StGB ist jedes unbedachte Wort des Beschuldigten ein Risiko; konsequentes Schweigen und sofortige Verteidigerkonsultation sind hier kein Misstrauen, sondern Selbstschutz.“
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Praxis & Verhaltenstipps

  1. Schweigen wahren.
    Eine kurze Erklärung genügt: „Ich mache von meinem Recht zu schweigen Gebrauch und spreche zuerst mit meiner Verteidigung.“ Dieses Recht gilt bereits ab der ersten Einvernahme durch Polizei oder Staatsanwaltschaft.
  2. Unverzüglich Verteidigung kontaktieren.
    Ohne Einsicht in die Ermittlungsakten sollte keine Aussage erfolgen. Erst nach Akteneinsicht kann die Verteidigung einschätzen, welche Strategie und welche Beweissicherung sinnvoll sind.
  3. Beweise umgehend sichern.
    Ärztliche Befunde, Fotos mit Datumsangabe und Maßstab, gegebenenfalls Röntgen- oder CT-Aufnahmen anfertigen. Kleidung, Gegenstände und digitale Aufzeichnungen getrennt aufbewahren. Zeugenliste und Gedächtnisprotokolle spätestens binnen zwei Tagen erstellen.
  4. Keinen Kontakt zur Gegenseite aufnehmen.
    Eigene Nachrichten, Anrufe oder Posts können als Beweismittel gegen Sie verwendet werden. Sämtliche Kommunikation soll ausschließlich über die Verteidigung erfolgen.
  5. Video- und Datenaufzeichnungen rechtzeitig sichern.
    Überwachungsvideos in öffentlichen Verkehrsmitteln, Lokalen oder von Hausverwaltungen werden häufig nach wenigen Tagen automatisch gelöscht. Anträge auf Datensicherung müssen daher sofort an Betreiber, Polizei oder Staatsanwaltschaft gestellt werden.
  6. Durchsuchungen und Sicherstellungen dokumentieren.
    Bei Hausdurchsuchungen oder Sicherstellungen sollten Sie eine Ausfertigung der Anordnung oder Niederschrift verlangen. Notieren Sie Datum, Uhrzeit, beteiligte Personen und alle mitgenommenen Gegenstände.
  7. Bei Festnahme: keine Aussagen zur Sache.
    Bestehen Sie auf sofortige Verständigung Ihrer Verteidigung. Untersuchungshaft darf nur bei dringendem Tatverdacht und zusätzlichem Haftgrund verhängt werden. Gelindere Mittel (z. B. Gelöbnis, Meldepflicht, Kontaktverbot) sind vorrangig.
  8. Schadensgutmachung gezielt vorbereiten.
    Zahlungen oder Wiedergutmachungsangebote sollen ausschließlich über die Verteidigung abgewickelt und belegt werden. Eine strukturierte Schadensgutmachung wirkt sich positiv auf Diversion und Strafbemessung aus.

Ihre Vorteile mit anwaltlicher Unterstützung

Ein Verfahren wegen Entführung einer unmündigen Person gehört zu den heikelsten Bereichen des österreichischen Strafrechts. Der Tatbestand betrifft nicht nur die Freiheit des Kindes, sondern auch das elterliche Obsorgerecht und den Schutz der sexuellen Integrität Minderjähriger. Viele Fälle sind rechtlich schwierig, weil sie aus familiären Konflikten, Vertrauensverhältnissen oder Missverständnissen im sozialen Umfeld entstehen. Oft ist unklar, ob tatsächlich eine strafbare Handlung oder eine fehlgeleitete Fürsorge vorliegt.

Ob eine Entführung im strafrechtlichen Sinn gegeben ist, hängt davon ab, ob das Kind gegen oder ohne den Willen der Erziehungsberechtigten weggebracht oder festgehalten wurde und welche Absicht der Täter dabei verfolgte. Entscheidend ist, ob das Kind dem elterlichen Schutzbereich entzogen und dadurch Gefahren einer Ausnützung ausgesetzt wurde. Bereits kleine Unterschiede in Aussagen, zeitlichen Abläufen oder Kommunikationsnachweisen können die rechtliche Bewertung erheblich verändern.

Eine anwaltliche Vertretung von Anfang an ist daher besonders wichtig. Sie sorgt dafür, dass Beweise korrekt erhoben, Zeugenaussagen geprüft und Absichten sachlich dargestellt werden. Nur so lässt sich klären, ob es sich um ein strafbares Verhalten oder um ein Missverständnis innerhalb familiärer oder sozialer Beziehungen handelt.

Unsere Kanzlei

Eine strukturierte und sachlich fundierte Strafverteidigung gewährleistet, dass Ihr Verhalten rechtlich richtig eingeordnet wird und das Verfahren fair, objektiv und ohne Vorverurteilung abläuft. So erhalten Sie eine klare und ausgewogene Vertretung, die auf eine gerechte und nachvollziehbare Lösung abzielt.

Rechtsanwalt Peter Harlander Peter Harlander
Harlander & Partner Rechtsanwälte
„Machen Sie keine inhaltlichen Aussagen ohne vorherige Rücksprache mit Ihrer Verteidigung. Sie haben jederzeit das Recht zu schweigen und eine Anwältin oder einen Anwalt beizuziehen. Dieses Recht gilt bereits bei der ersten polizeilichen Kontaktaufnahme. Erst nach Akteneinsicht lässt sich klären, ob und welche Einlassung sinnvoll ist.“
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FAQ – Häufig gestellte Fragen

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