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Wer ist pflichtteilsberechtigt?
Grundsätzlich kann ein Erblasser selbst über seine Verlassenschaft vor seinem Tod entscheiden. Das Gesetz setzt dem Erblasser hier zugunsten der engsten Angehörigen des Erblassers jedoch einige Schranken: Pflichtteilsberechtigt sind der Ehepartner und die Kinder des Erblassers sowie deren Nachkommen, sollten die Kinder nicht mehr am Leben sein.
Für den Pflichtteilsanspruch ist die gesetzliche Erbfolge heranzuziehen: Den Pflichtteilsberechtigten steht immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils zu. Pflichtteilsberechtige können (müssen jedoch nicht) bis zu drei Jahren ab Kenntnis ihren Anspruch gegen den Erben geltend machen und ihren Anteil einfordern.
Hat ein Erblasser beispielsweise eine Frau und zwei Kinder, erhalten diese nach der gesetzlichen Erbfolge die gesamte Verlassenschaft zu gleichen Teilen, also jeder zu einem Drittel. Hat der Erblasser hingegen ein Testament zugunsten eines Dritten aufgesetzt, können die Ehefrau und die zwei Kinder einen Pflichtteilsanspruch zur Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils (hier: 1/6) gegen den Dritten (Erben) geltend machen.
Was ist eine Schenkungsanrechnung?
Damit ein Erblasser den Pflichtteilsansprüchen der Pflichtteilsberechtigten nicht mit zahlreichen Schenkungen vor seinem Tod umgehen kann, gibt es bestimmte Regelungen, damit diese Schenkungen doch auf den Pflichtteil angerechnet werden können.
Schenkungen an Pflichtteilsberechtige können auf Verlangen anderer Pflichtteilsberechtigter angerechnet werden. Hierbei zählen auch
- Ausstattung eines Kindes (z.B.: Schenkung einer Wohnung)
- Vorschuss auf den Pflichtteil
- Abfindung für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht
Schenkungen an Dritte (nicht pflichtteilsberechtigte Personen) können ebenso auf Verlangen angerechnet werden. Hierbei können jedoch nur Schenkungen, welche der Erblasser bis zu zwei Jahre vor seinem Tod vorgenommen hat, angerechnet werden.
Kann ich jemandem seinen Pflichtteil entziehen?
Ein Erblasser kann durch eine letztwillige Verfügung seinen Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil entziehen = Enterbung. Hierfür müssen jedoch bestimmte Gründe vorliegen.
Der Pflichtteil kann entzogen werden, wenn der Berechtigte
- gegen den Verstorbenen eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- gegen den Ehegatten, eingetragenen Partner, Lebensgefährten oder Verwandten in gerader Linie, die Geschwister des Verstorbenen und deren Kinder, Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten sowie die Stiefkinder des Verstorbenen eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- absichtlich die Verwirklichung des wahren letzten Willens des Verstorbenen vereitelt oder zu vereiteln versucht hat,
- dem Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt hat,
- sonst seine familienrechtlichen Pflichten gegenüber dem Verstorbenen gröblich vernachlässigt hat, oder
- wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.
Ein Enterbungsgrund eines Pflichtteilsberechtigten kann auch im Verlassenschaftsverfahren von einem anderen Erben eingebracht werden. Dieser muss das Vorliegen des Grundes beweisen.
Was ist eine Pflichtteilsminderung?
Ein Pflichtteil kann unter anderem auch gemindert werden. Hierfür müssen der Verstorbene und der Pflichtteilsberechtigte über einen längeren Zeitraum (mindestens 20 Jahre) keinen Kontakt bzw. kein Verhältnis zueinander haben. Unter diesen Umständen kann der Pflichtteilsanspruch auf die Hälfte gemindert werden.
Falls der Verstorbene den Kontakt jedoch grundlos abgelehnt hat, kann der Anspruch nicht gemindert werden.
Sind uneheliche Kinder auch pflichtteilsberechtigt?
Ja, sind sie. Es gibt keinen erbrechtlichen Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern. Wenn die Eltern bei der Geburt eines Kindes nicht verheiratet waren, erbt das uneheliche Kind dennoch bei dem Tod des Vaters. Voraussetzung hierfür ist nur, dass die Vaterschaft des Erblassers feststeht. Der Beweis hierfür kann auch erst nach dem Tod des Vaters erbracht werden.